Jan 12 2014

Von ungleichfarbigen Läufern, von Springern, die stärker sind als Läufer und von verpassten Chancen

Veröffentlicht von Stefan Langenfeld um 15:46 unter Turniere

Intermezzo beim 11. Weihnachtsopen in Schwalbach, Saar.

Wie jedes Jahr zu jener Zeit, nehme ich in meiner alten Heimat am Schwalbacher Weihnachtsopen teil, um die Zeit zwischen Bescherung und Silvester nicht ganz nutzlos zu gestalten. Dieses Jahr war es bereits die 11. Auflage des possierlichen, siebenrundigen Turniers.

Im A-Open siegte Karlo Krpan (5,5) vor den punktgleichen Hendrik Tabatt und FM Mark Helbig. Der siegreiche Kroate spielt jetzt für den saarländischen Verein SG Ensdorf. Aus diesem Ort kommt nicht nur der Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, Peter Altmaier, sondern auch Gerhard Both, der 1956 an der Schacholympiade in Moskau für das Saarland teilnahm. Bemerkenswert war das Aussteigen des an Eins gesetzten, für Caissa Schwarzenbach in der 2. Liga Süd spielenden, tunesischen GM Slim Belkhodja nach der 6. Runde. Zu diesem Zeit hatte er drei Remis und eine Niederlage zu verzeichnen und klagte über Schmerzen in der linken Hand. Ich glaube nicht, dass er Linkshänder ist. Ebenso beendete der an Drei gesetzte und bei der letzten Deutschen Einzelmeisterschaft mit Platz 11 für Furore sorgende André Oberhofer das Turnier nach sechs Runden und zwei Niederlagen in Folge vorzeitig.

Mit meinen 3 Punkten und dem 26. Platz bei 40 Teilnehmern bin ich natürlich nicht zufrieden, auch wenn mir in den Runden 2 und 3 gegen nominell stärkere Gegner Unentschieden gelangen, was dazu führte, dass ich voraussichtlich trotz des mageren Scores in diesem Turnier nur einen DWZ-Punkt verlieren werde. Geprägt war mein Spiel von verpassten Gelegenheiten. Hier eine kleine Auswahl:

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1. Runde: Langenfeld-Schmitt,Jens-Ole nach 27. …Dc3.
Hier hätte ich mit 28. De2 den eben mühsam erbeuteten Mehrbauer sichern können, hatte allerdings bezüglich der Fesselung Bedenken bei der Folge 28. …a5 29. Lf2 La6. Die Drohung 30. Dd1! mit Grundreihenmatt ist mir dabei völlig entgangen. So spielte ich 28. Ld6 und musste später feststellen, dass ich das ungleichfarbige L-Endspiel nicht gewinnen kann. Remis im 50. Zug.

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2. Runde: Helbig,Mark-Langenfeld nach 47. Ta1.
47. …Tf3! sicherte mir bereits entscheidenden Vorteil gegen den FM und Oberligaspieler aus Neustadt, weil der weiße Turm aufgrund der Mattdrohung die Grundreihe nicht verlassen darf - auch wenn das Endspiel mit den Türmen auf dem Brett bis zum Sieg noch einiges an Gedankenkraft gekostet hätte. Stattdessen tauschte ich die Türme und bot Remis an. Das reine L-Endspiel ist aus meiner und Fritz´ Sicht trotz der beiden Mehrbauern nicht so klar zu gewinnen, wie manche glauben.

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3. Runde: Langenfeld-Geshnizjani,Ramin nach 49. …Kg6.
Ein seltenes Beispiel, in dem der Springer den Läufer überragt. Umso unglaublicher ist es, dass ich diese Partie gegen den Freund von Corinna Dietzen, die für die SF Wadgassen-Differten in der 2. Frauenbundesliga Süd antritt, nicht gewinnen konnte. Am einfachsten ist jetzt, mit 50. a4 den Bauern laufen zu lassen. Verpasste Chance #3 durch unnützes Rumdaddeln mit dem Springer und Remis im 58. Zug.

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5. Runde: Langenfeld-Gress,Alexander nach 33.Sxf8.
Hier bot ich Remis an, das mein Gegner umgehend annahm. Später bemerkte ich meine taktische Blindheit und somit verpasste Chance #4, denn nach 33. …Kxf8 34. e5 kann ja der Läufer den Bauer wegen der Turmgabel auf f5 gar nicht nehmen. Außerdem röntgt der Tf1 den Bauern auf f7, so dass die Folge 34. …Le7 35. g4 Lg6 36. e6 f6 37. Kg2 zu weißem Vorteil führt, wobei gleich noch Mattmotive auf der schwarzen Grundreihe anstehen.

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Analysediagramm Langenfeld-Gress.

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6. Runde: Langenfeld-Becker,Thomas nach 16. Sb3.
In diesem typischen Igel spielte Thomas, der für den SC Turm Winterbach an Brett 1 in der Saarlandliga startet, 16. …d5? und nach 17. cxd5 exd5 verpasste ich mit 18. Sxd5? die Chance #5, anstatt mit 18.e5! Se4 19. Sxd5 Lxd5 20. Lxe4 Lxe4 21. Dxe4 (deckt den Bauern b4) einen Bauern bei besserer Position zu gewinnen.

langenfeld-becker2.jpg
Analysediagramm Langenfeld-Becker.

So aber 0-1 im 67. Zug, nachdem ich im Endspiel SL gegen LL mehrfach den Remis-Weg erfolgreich umschiffen konnte.

Weitere Infos zum Turnier gibt es unter:
http://www.frajos.org/

Ein Kommentar to “Von ungleichfarbigen Läufern, von Springern, die stärker sind als Läufer und von verpassten Chancen”

  1. Fabianam 12 Jan 2014 um 16:31

    Mark Helbig kenne ich von unserer gemeinsamen Teilnahme bei der Nato-Meisterschaft 2003 (Beiname “Kämpfender Oberfeld”). Er hat mir damals als der deutlich stärkere Spieler teilweise geholfen, mein unheilvolles “Ich opfere wie Kasparov”-Selbstbild auszutreiben.
    Dass das Läuferendspiel “nicht so einfach zu gewinnen ist wie manche glauben” glaube ich gerne, am Schwierigsten ist es aber wohl, wenn man es gar nicht versucht :D

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