Nov 05 2011

Traumstart der Zweiten

Veröffentlicht von Andreas Klein um 23:55 unter Mannschaft

Der erste Spieltag gestaltete sich für unsere Zweite sehr erfreulich. Der ESV Rot-Weiß Göttingen, just als Aufsteiger aus dem Bezirk 3 in die Verbandsliga zurückgekehrt, kam uns von Anfang an ein wenig entgegen. Eine kurzfristige Absage vom Vortag konnte nicht mehr aufgefangen werden, so dass uns Jü nach genau einer Stunde dank einer makellosen Leistung in Führung brachte.

11:00 - 1:0 durch Jü

Endstellung bei Garamow - Hesse
Endstellung zwischen Garamow und Hesse ;)

13:25 - 2:0 durch Detlef

Weitere zählbare Ereignisse ließen dann etwas auf sich warten. Unsere nächsten beiden Punkte kamen von unseren Neuzugängen, die damit einen perfekten Einstand bei der SVG gaben. Zunächst durfte Detlef den Glückwunsch der dreifachen DJEM-Medaillengewinnerin Fiona Sieber (3. U10w 2009, 2. U10w 2010, 2. U12w 2011) entgegennehmen.

Spandlowski - Sieber nach 17.- bxc5
Spandlowski - Sieber nach 17.- bxc5

Hier öffnete Detlef mit 18. c4 die lange Diagonale. 18.- d4 kam ihm dabei entgegen, der Tausch auf c4 hätte den Schaden in Grenzen gehalten. Nach 19. Lxd4 Sa6 20. Lc3 Txd3 21. Sg5 Sxg5 22. Lxa8 Se4 kommen wir zu der Stellung, die Detlef bereits in einem Kommentar als kritisch benannt hatte:

Spandlowski - Sieber nach 22.- Se4
Spandlowski - Sieber nach 22.- Se4

23. Ld5 gibt erstaunlicherweise den Vorteil schon wieder aus der Hand, 23. Lxe4 wäre viel stärker gewesen. Allerdings nur, wenn man nach 23.- fxe5 wie die Kiste 24. f5 findet, da nach 24.- Lxf5 25. g4 Lc8 26. Sf4 der schwarze Turm kein vernünftiges Feld hat. Das muss man wirklich nicht sehen, daher sollte sich Detlef nicht zu sehr grämen. Nach 23.- Lxd5 24. cxd5 gab seine Gegnerin mit 24.- Txd5, einem ebenfalls natürlich aussehenden Zug, den Gefallen zurück, wonach Detlef den kleinen Vorteil immer weiter ausbaute.

13:55 - 3:0 durch Jörg

Den dritten Punkt erzielte Jörg, der aber schon viel früher auf Gewinn stand als Detlef, da sein Gegner bereits in der Eröffnung schwer daneben griff:

Buchweitz - Wilting nach 9.- Ld6
Buchweitz - Wilting nach 9.- Ld6

Hier öffnete Jörg mit 10. cxd5 exd5 die c-Linie, um die Gegenüberstellung von weißem Turm und schwarzer Dame mit 11. Sb5 auszunutzen. Auch nach der besten Antwort 11.- Lb8 steht Weiß nach 12. Lb4 bequem besser, aber die schwarze Wahl fiel auf 11.- Lc7, was Jörgs Aufgabe doch erheblich erleichterte. Die zwei Mehrbauern nach 12. Sxc6! bxc6 13. Txc6 0-0 14. Txc7 konnte er dann ungefährdet verwerten.

14:00 - 4:0 durch Ernst

Das 4:0 fiel quasi in Unterzahl. Ernst hatte in der Eröffnung bei entgegengesetzten Rochaden mehr Spiel an seinem Königsflügel zugelassen, als er selbst gegen den gegnerischen König entfalten konnte.

Abel - Rosenstock nach 17. Sh3
Abel - Rosenstock nach 17. Sh3

Nach 17.- b4 18. dxc5 dxc5 sieht die Lage für das menschliche Auge bereits kritisch aus. Meine Kiste hält nur noch 19. Lc4 für spielbar, das dann aber sogar mit Plus-über-Minus-Vorteil für Weiß. Ernst tauschte auf a6, wonach das schwarze Spiel übermächtig wurde. Allerdings entwickelte sich in der Folge eine heftige Zeitnotschlacht, aus der Ernst als glücklicher Sieger hervorging, da sein Gegner im 39. Zug in Überzahl (soll heißen mit Mehrfigur) die Zeit überschritt.

14:10 - 4½:½ durch Sven

In dem Moment, als Ernst gewonnen hatte, stand Sven nach überstandener Zeitnot vor der Entscheidung, ob er unter Rückgabe einer Figur dem Dauerschach ausweichen soll. Da das Remis den Mannschaftssieg sicherte und da er keine sinnvolle Abweichung sah, entschied er sich für den Friedensschluss.

Grabenhorst - Hagemann nach 23. f3
Grabenhorst - Hagemann nach 23. f3

Nachdem Sven schon längere Zeit das wolgatypische Spiel am Damenflügel hatte, übernahm er hier mit 23.- c4 endgültig die Initiative, was nach 24. hxg6 hxg6 25. Kg3 cxb3 26. Txb3 Txa4 zum Rückgewinn des Gambitbauern führte. Später kam Svens Gegner dann wieder besser ins Spiel und in der Zeitnotphase ging es endgültig drunter und drüber:

Grabenhorst - Hagemann nach 35.- Se5
Grabenhorst - Hagemann nach 35.- Se5

36. Db6 (laut Kiste hätten 36. Lxc5 dxc5 37. Db7 oder 36. Db5 weißen Vorteil festgehalten) 36.- Sc4 37. Dc7 Sxe3 38. Sxe7+ Kf8 39. Dxd6 (erst 39. Sxg6+! fxg6 und dann 40. Dxd6 mit Schach hätte den Laden zusammengehalten) 39.- Dxe7 40. Db8+ De7 41. Dd6+ De7 ½:½. Stattdessen sieht die Kiste Schwarz nach 41.- Kg8 immer noch auf der Siegesstraße. Die Pointe besteht darin, dass man zunächst beide Mehrfiguren zurückgibt, um nach 42. Dxc5 De5 43. Dxe3 Dxg5+ 44. Kf2 Lh6 eine wiederzugewinnen.

14:25 - 4½:1½ bei Sebastian

Unsere einzige Niederlage musste Sebastian hinnehmen, der schon nicht so angenehm aus der Eröffnung gekommen war:

Braun - S.König nach 14. Sbd2
Braun - S.König nach 14. Sbd2

Hier kann Sebastian einen Bauern gewinnen, mit dem er aber nicht wirklich glücklich wird. Da die Stellung ohne den Mehrbauern noch trostloser wäre, sollte man hier wohl auf b2 nehmen. Sebastian entschied sich aber zu 14.- Scxe5, doch nach 15. 0-0-0 Ke8 16. The1 war die unterentwickelte schwarze Stellung mit dem König in der Mitte gegen die aktiven weißen Figuren nicht zu halten.

14:30 - 5½:1½ durch Walter

Viel weiter oben im Bericht hätte eigentlich Walters Sieg auftauchen müssen, da er bereits nach der Eröffnung komplett auf Gewinn stand. Sein Gegner hatte ein fragwürdiges Gambit gespielt, in dem er gar kein Spiel für den Bauern bekam. Ganz im Gegenteil:

W.König - Glüer nach 17.- Te7
W.König - Glüer nach 17.- Te7

Hier hatten wir alle mit dem soliden 18. Sxb7 gerechnet, aber die Kiste ist von Walters Wahl vollauf begeistert: 18. Sxf7! pulverisiert den schwarzen Königsflügel und das “geopferte” Material bekommt man mit Zinsen wieder zurück. Erst nach 18.- Dc7 19. Sxh6+ gxh6 20. Dg4+ Kf7 21. Dh5+ Kf6 22. Dxh6+ Kf7 23. Lg5 Dd6 würde die Kiste mit 24. Dh7+ von Walters Fortsetzung abweichen. Aber auch das sofortige 24. Lxe7 gewinnt glatt, wenn auch nicht kurzzügig, so dass sich die Partie noch bis zum 46. Zug hinzog.

Walters Gegner gab dann gerade noch rechtzeitig auf, denn sonst hätte hier vielleicht nicht

14:35 - 6:2 durch Andy

gestanden, sondern “14:40 - 5½:2½ bei Andy”. Aber der Reihe nach:

1.c4 c5
Nolte-Klein nach 1.- c5
Völlig unprofessionell hatte ich mich nur auf Robert Klink vorbereitet, obwohl man vielleicht hätte ahnen können, dass die Möglichkeit, gegen die Nummer 2 der Göttinger Meldeliste spielen zu müssen, nicht ganz gegen Null geht. Immerhin hatte ich am Brett dann noch in Erinnerung, dass ich gegen Gerhard Nolte bereits zweimal mit 1.- f5 auf ähnliche Art und Weise kurzzügige Klatschen einstecken musste, so dass ich mich hier spontan entschloss, bereits im ersten Zug zu improvisieren. Allerdings war meine Erinnerung nicht ganz korrekt, denn nur in der Saison 07/08 stand ich nach 13 Zügen platt (1.c4 f5 2.Sf3 Sf6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.0-0 0-0 6.d4 d6 7.Sc3 De8 8.d5 a5 9.e4 Sxe4 10.Sxe4 fxe4 11.Sg5 e5 12.Lxe4 De7 13.Sxh7! +-, 1:0, 21), während ich 25 Monate später erst im 20. Zug eine aussichtsreiche Stellung wegwarf, um dann im 40. in Verluststellung die Zeit zu überschreiten.

2.Sc3 Sc6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.Sf3 e6 6.0-0 Sge7 7.d3 0-0 8.Ld2 d5 9.a3 b6 10.Tb1 d4 11.Sa4
Nolte-Klein nach 11. Sa4
Diesmal wollte ich mich zur Abwechslung kurzzügig am Damenflügel holen lassen, daher nahm ich meinem Springer jetzt vorausschauend das Feld e5, damit der nach dem zu erwartenden Vorstoß b2-b4-b5 nach b8 zurück muss. Die Züge Lb7 und Dc7 wären der weißen Drohung angemessener begegnet.

11.- e5 12.b4 cxb4 13.axb4 Lb7 14.b5 Sb8 15.Lb4 Te8
Nolte-Klein nach 15.- Te8
Die Kiste würde hier mit 16. c5 weiter am Damenflügel spielen. Stattdessen streut auch Weiß einen ungenauen Zug mit dem e-Bauern ein, der mir die Initiative überlässt:

16.e4 dxe3 17.fxe3 Sf5 18.Ld2 e4 19.Se1 Dc7
Nolte-Klein nach 19.- Dc7
Dc7, um den Läufer zu decken, hatte ich bereits bei dxe3 geplant, was grundsätzlich die richtige Idee ist. Allerdings gibt die Kiste Dc8 den Vorzug, weil ich nach 20. dxe4 Lxe4 21. Lxe4 Txe4 22. Df3 meinen Turm mit De6 oder De8 hätte decken können. Mit der Dame auf c7 wäre mir 22.- Db7 nach 23. c5 um die Ohren geflogen. Das sind aber extrem feine Nuancen im Vergleich zur Partiefortsetzung, denn Weiß opfert jetzt Qualle und Bauern für vages Spiel auf den schwarzen Feldern:

20.Sc3 Lxc3 21.Lxc3 Sxe3 22.De2 Sxf1 23.Dxf1 Dc5+ 24.d4 Df5 25.De2 Sd7 26.Sc2 Dg5 27.Se3 f5 28.Tf1 a6 29.Te1 axb5 30.cxb5 Tec8 31.La1 Df6 32.Lf1
Nolte-Klein nach 32. Lf1
Bis hierher war alles noch weitgehend im Lot, aber mit dem nächsten Zug komme ich langsam aber sicher vom rechten Weg ab, ausgerechnet an der Stelle, an der mir Kiste mit ca. +3 den größten Vorteil während der ganzen Partie zuspricht. Nach 32.- Dd6 guckt die Dame zum Damenfügel, wo sie vor allem Ideen mit Db2 den Wind aus den Segeln nähme. Stattdessen gruppiere ich umständlich meinen Springer auf ungünstigere Felder um. Erschwerend kommt hinzu, dass ich mal wieder meine Zeit nicht unter Kontrolle hatte. Weiß stellt ab hier sehr starke und unangenehme Drohungen auf, die ich mit meinen sechs Minuten für die letzten neun Züge nicht mehr im Gewinnsinne parieren kann:

32.- Sf8 33.Db2 Se6 34.Lc4 Kf8 (Bereits im Reflex gespielt, aber wahrscheinlich der Übergang von -+ zu =. Die Kiste schlägt Txc4 vor, was ich natürlich nicht in Erwägung gezogen habe. Stattdessen opfere ich die Qualle drei Züge auf a1, was während der Partie mehr aus Panik und Verzweiflung geschah, aber laut Kiste kurioserweise wie bei sechs anderen Zügen überhaupt gar nichts an der Bewertung von 0.00 ändert.) 35.Lxe6 Dxe6 36.d5 Lxd5 37.Td1 Txa1 38.Dxa1 Lb3 39.Dh8+ Dg8 40.Df6+ Df7 41.Dh8+ Dg8 42.Df6+ ½-½
Nolte-Klein nach 42. Df6+
Glücklicherweise gab Walters Gegner in diesem Moment auf, so dass ich noch weniger Anlass hatte, eine spielbare Fortsetzung zu suchen. Die Auswahl ist hier wirklich nicht groß, aber meine Wahl wäre vielleicht auf den einzigen Zug gefallen, der noch verliert. Vielleicht aber auch nicht, denn immerhin berechnete ich gerade 43. Sd5 als Antwort auf 42.- Lf7?? Schon meine Fortsetzung 43.- Dg7 44. De7+ Kg8 45. Sf6+ Kh8 erschien mir nicht unbedingt perspektivreich im Gewinnsinne (was schon sehr optimistisch beurteilt ist, denn die Kiste gibt Weiß ein glattes +-), aber vielleicht wäre mir noch aufgefallen, dass Weiß auch ein anderes Damenschach geben kann: nach 44. Dd6+ Kg8 45. Se7+ hätte die Partie nicht viel länger gedauert als bei “Annahme” des Dauerschachs…

7 Kommentare to “Traumstart der Zweiten”

  1. Fabianam 06 Nov 2011 um 23:30

    Ich will mich ja angesichts des ausführlichen Berichts nicht beklagen, aber ich hätte schon gerne ausführliche Analysen zur Schlussstellung von Jü gehabt.

  2. Andyam 06 Nov 2011 um 23:46

    Da muss ich passen, aber das wird sicher jemand im Bericht zum heutigen Spieltag anhand Renés Partie nachliefern.

  3. Svenam 06 Nov 2011 um 23:51

    Würde derjenige, wenn er die Partien zur Hand hätte… :-D

  4. Andyam 06 Nov 2011 um 23:56

    sind unterwegs…

  5. Fabianam 07 Nov 2011 um 00:20

    Sofern es möglich ist, sie einzugeben ;)

  6. Andyam 07 Nov 2011 um 00:34

    In der Zweiten konnte ich ja nicht auf den Brettern rumfummeln…

  7. […] Schlussstellung wirklich schon auf Gewinn steht. Gerne kann hierüber eine Diskussion, wie von Fabian gewünscht, angestossen werden. Vielleicht ist Fabian ja sogar zu einer ausführlichen […]

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