Mrz 15 2009

Mir wird der Himmel auf den Kopf fallen, kann leider nicht spielen….

Veröffentlicht von Bernd Kimmich um 07:32 unter Allgemein

Zum 1.7. 2009 hat die FIDE eine kleine Regeländerung beschlossen, die vermutlich auch Einfluss auf unseren “schachlichen Alltag” haben wird.

Die bisherige Regel besagt, das man bis zu einer Stunde zu spät zu einer Partie kommen darf. Das wird dahingehend geändert, dass diese Zeit auf NULL reduziert wird.

Wer nicht pünktlich ist, wird genullt.

Endlich, werden die Zuverlässigen sagen; Mist, die eher nicht ganz so Zuverlässigen.

“Erprobt” wurde dies bereits zur Schacholympiade 2008 und es scheint sich bewährt zu haben. Dass nun dieser Schritt auch in allen FIDE-Turnieren zum Tragen kommt, sollte dem sportlichen Charakter eines Schachspiels nicht eben abträglich sein.

Wo gibt es denn sonst die Möglichkeit, zu einem Wettkampf, bei dem die Meisten pünktlich sind, irgendwann nach Beginn aufzutauchen und trotzdem noch gewinnen zu dürfen?

Ist es denn nicht eine Frechheit, seinem vermeintlichen Gegenüber Missachtung derart zu vermitteln, dass man ihm das Gefühl gibt: Hey, dich puste ich auch mit ‘ner Stunde weniger weg, setz’ du Dummie dich ruhig mal ans Brett und warte auf mich…HE HE HE..

Sicher gibt es immer mal ein paar Situationen, wo einfach was dazwischen kommen kann. Ein gutes Beispiel trug sich gar in der jetzigen Saison zu. Unsere Mannschaft wartete auf seinen Gegner, um 10:00 waren erst 4 Leute von diesen da. Die anderen sollen wohl irgendwie unterwegs gewesen sein, und man wisse nicht, wann sie nun kommen. Wir warteten nun bis 10.15 und begannen dann unsere Partien. Um 11:00 war von den Fehlenden immer noch niemand zu sehen und gegen 11:10 wurden die Nullen für Nichtantreten vergeben. Dass man nun um 11:15 ein Auto mit den 4 Leuten kommen sah, hatte logischerweise keinen Einfluss mehr. Hier war die Grenze 11:00 genauso unsinnig und willkürlich wie eine um 10:30, 10.10 oder 12.00. Irgendwo ist eben diese Grenze und irgendjemand wird diese eben überschreiten; dann hat er halt verloren! Man kann ja früher aufstehen und sich, wie in diesem Fall, an die Gegebenheit “glatt auf den Strassen” anpassen. Immerhin war es Winter, der Wetterbericht hat auf allen Kanälen vor Glätte gewarnt und 10:00 ist nun mal Beginn.  Zugegeben; auch wir sind schon mal mit einer Mannschaft zu spät erschienen und begannen erst mit 15 min Verspätung — Weil eben diese Regel dies zulässt, nimmt der Eine oder Andere es eben nicht so genau. Nicht nur bei uns. Das ändert sich dann hoffentlich.

Was ist daran verkehrt pünktlich zu sein?

Man denke auch mal bitte an die Leute, die pünktlich sind, warten und hoffen, dass sie das tun können, wofür sie aufgestanden sind: zum Schachspielen. Sicher werden diese dann ohne Gegner sowieso nichts ausrichten können, aber warum MÜSSEN diese dann auch noch ‘ne Stunde warten?

So ganz nebenbei ist diese Regelung auch endlich die ultimative Chance, die unsäglichen kampflosen Punkte an den meist oberen Brettern zu eliminieren oder auch taktische Aufstellungen von den Farbverteilungen zu unterbinden. Man bräuchte bei Beginn eines Mannschaftskampfes, also in der Regel um 10:00, einfach nur alle Anwesenden an die feste Brettfolge zu binden, unabhängig davon, wer nun an welcher Stelle steht. Beachtenswert ist eben nur der Ranglistenplatz innerhalb der Mannschaft. Dies würde gewährleisten, dass wenn das Spiel gestartet wird, es garantiert mindestens die ersten vier Bretter sind, die da spielen und eben nicht Brett 2, 5, 7, und 8 (z.B.)

Vielleicht diskutiert ihr hier ein wenig über diese Neuerung und schreibt eure Meinung.

Auch oder eben gerade “Gäste” auf dieser Seite mögen Stellung beziehen und das Für und Wider diskutieren.

Die Bezirksspielleiter werden sich mit der Regelung auseinandersetzen müssen und evtl. in ihre Turnierordnungen einarbeiten.

Diese neue Regel bezieht sich zur Zeit lediglich auf alle FIDE Turniere, jedoch kann der Veranstalter andere Regelungen vorsehen.

Ich bin jedenfalls für diese Regelung.

33 Kommentare to “Mir wird der Himmel auf den Kopf fallen, kann leider nicht spielen….”

  1. BASTELam 15 Mrz 2009 um 08:56

    ICH WAR SCHON IMMER DAFÜR, BERND !

  2. Detlef Spandlowskiam 17 Mrz 2009 um 12:52

    Bei Einzelturnieren wäre es mir egal im Mannschaftskampf bin ich dagegen.

    Bei der Anreise kann immer mal was unvorhersehbares passieren. Ist ja auch nicht
    gewollt dass man um 9:30 vor dem Spiellokal steht und noch keiner da ist nur weil man Eventualitäten mit einkalkulieren muss.

    Die Wahrheit sollte auf dem Brett liegen und nicht in der Anreise.

  3. Norwin Saueram 17 Mrz 2009 um 17:48

    –>Phrasenschwein würde ich sagen!

  4. Fabian Mülleram 17 Mrz 2009 um 21:31

    Norwin, hör sofort auf, Detlef zu beleidigen!

  5. Ottiam 18 Mrz 2009 um 00:18

    Die von Bernie angeregte, wohl auch gewünschte, Diskussion kann ich nicht ernst nehmen. Die Mühlen der Schachgesetzgebung malen manchmal sehr langsam. Wer weiß, ob diese Regelung jemals in unseren Spielklassen eingeführt wird? Na ja: Vielleicht steigt die Erste mal auf und muss sich damit auseinandersetzen… . Und wenn´s passiert, trifft es wohl am besten ein Zitat des Boxers “Iron”- Mike Tyson: “We have to go with the rules!” ( Zur Verkürzung der maximalen Kampfzeit von 15 auf 12 Runden )

  6. Jensam 29 Mrz 2009 um 04:34

    Nun ja, … da es eine Änderung der FIDE-Regeln ist, betrifft dies automatisch jede Schachpartie ab dem 01.07.2009. “Immun” wären dann eigentlich nur diejenigen Partien nach Turnierordnungen die inhaltlich redundante Regelungen zum alten Artikel 6.7 enthalten … und das dürften (bis evt. auf Vereins-TOs) nicht allzu viele sein.

    Schaut man z.B. in die NSV-TO findet man dort z.B. keine Redundanz zum alten FIDE-Artikel 6.7, sondern nur die Definition des Nichtantritts einer Mannschaft

    6.10.2 Eine Mannschaft ist nicht angetreten, wenn eine Stunde nach dem angesetzten Spielbeginn weniger als vier Spieler den Wettkampf aufgenommen haben.

    Sollte weiter nichts an der NSV-TO geändert werden, dann ist ab dem 01.07.09 eine Mannschaft bei Eintreffen um 10.01 Uhr zwar offiziell angetreten, aber strenggenommen nur, um dann das 0-8 gemäß FIDE-Regeln zu quittieren.

    Ich halte es für ziemlich wahrscheinlich, das ein Großteil der aktuellen Kreisklassen-TOs ähnlich gestrickt sind. Hier besteht also Handlungsbedarf wenn man das nicht so haben möchte.

    6.6a Any player who arrives at the chessboard after the start of the session shall lose the game. Thus the default time is 0 minutes. The rules of a competition may specify otherwise.

    Referenz: “An Arbiter’s Notebook” vom 18. März 2009

  7. Andyam 30 Mrz 2009 um 00:38

    @Jens
    Als “rules of a competition” dürften wohl auch die jeweiligen Ausschreibungen durchgehen. Eine Festlegung in der TO halte ich nicht nur wegen des 6.10.2 für sinnvoller, man muss dann nicht bei jeder Ausschreibung für jedes Turnier daran denken. Martin wird sicher in Kürze für den Verband eine Abstimmung zu diesem Punkt in die Wege leiten.

    @Bernie
    Wir haben uns ja schon kurz über deine “Anregung” unterhalten, leider bin ich noch nicht zur Verfassung einer umfassenden Erwiderung gekommen. Auch wenn ich es bedauerlich finde, dass man seine Lebenszeit mit solch absurden Vorschlägen vertun muss, werde ich mich wohl noch mal aufraffen müssen, da mich dieses Thema leider im Landes-Spielausschuss und natürlich auch im Bezirk noch beschäftigen wird. Andererseits ist an anderer Stelle eigentlich schon alles gesagt worden, z.B.

    http://www.schachfeld.de/f17/null-toleranz-spaet-kommen-8866/
    http://www.schachfeld.de/f17/spaet-gekommen-welche-strafe-mannschaftskampf-8878/
    http://www.schachfeld.de/f17/null-toleranz-gegenueber-regelveraenderern-regelfetischisten-usw-9006/

    http://schach.twoday.net/stories/5365860/
    http://schach.twoday.net/stories/5547774/

    http://schachblaetter.de/null-toleranz/01-03-2009/

    http://rankzero.de/?p=4112

    http://kaylay.dyndns.org/ksv/index.php?id=236&no_cache=1&tx_ttnews[tt_news]=2270&tx_ttnews[backPid]=100

    und sicher noch an vielen anderen Stellen…

    @alle
    Ich finde es ehrlich gesagt erschreckend, dass es hier nicht noch mehr Gegenstimmen und noch mehr Vehemenz gegen diese Regelung gibt…

  8. Fabianam 30 Mrz 2009 um 01:01

    Ist zwar spät, aber (oder gerade deshalb, weil’s eine Ausrede für Bödsinn ist, den man hier verewigt): Als jemand, der immer bemüht ist, sich sowohl an Regeln als auch an Etikette zu halten, kann ich nach gründlicher Überlegung die neue Fide-Regelung nur gut heissen.
    Extreme Verspätungen können ein Mittel sein, auf unfaire Weise den Gegner zu beeinflussen, und sollten somit radikal unterbunden werden. Udo Lau hatte beispielsweise sicher bereits innerlich mit seiner Partie abgeschlossen, als in einem diesjährigen Mannschaftskampf sein Gegner erst wenige Minuten vor kampflosem Verlust noch auftauchte und dann den Punkt vom Silbertablett runternahm. Wer jetzt sagt, dass dessen eigener Bedenkzeitverlust genug Kompensation darstellt: Vielleicht; er aber hatte die Wahl, Udo nicht.
    Wenn schon Psycho-Tricks wie regelwidrige Remisangebote oder andere Störungen während der Partie schon wegen der regelmäßig problematischen Beweislage nicht vernünftig unterbunden werden können, sollte man m.E. zumindest die klar nachweisbaren Regelverstöße rigoros ahnden.

  9. Andyam 30 Mrz 2009 um 12:23

    Genau. Alle klar nachweisbaren Regelverstöße sollten rigoros mit der Höchststrafe geahndet werden. Sofort. Ohne Umschweife. Partieverlust. Gleich um 10:00:01. Genau wie auch bisher schon alle anderen klar nachweisbaren Regelverstöße mit Partieverlust geahndet werden. Wie z.B. das Ausführen eines falschen Zuges in einer Turnier- oder Schnellpartie ja schon jetzt sofort mit einer Null bestraft wird. Denn falsche Züge können ein Mittel sein, auf unfaire Weise den Gegner zu beeinflussen und sollten somit radikal unterbunden werden. Wo kämen wir denn hin, wenn man bei den ersten beiden falschen Zügen nur verwarnt würde? Es ist ja nahezu ausgeschlossen, dass es sich dabei nur um eine Unachtsamkeit handelt, in den allermeisten Fällen muss man von einem Psycho-Trick ausgehen. Und wer die Regeln nicht beherrscht, hat am Schachbrett ohnehin nichts verloren.

  10. Fabianam 30 Mrz 2009 um 14:27

    Deinen letzten Satz kann ich nur unterschreiben. Schließlich gibt es auch Kaffeehäuser, in denen man entspannt und ohne Regelzwang Schach spielen kann.

  11. Bernd Kimmicham 30 Mrz 2009 um 16:27

    Vielleicht gibt es mehr als nur schwarz-weiß…..
    Wie in bisherigen Situationen auch gibt es zum Glück meist immernoch “menschliche Seiten” welche auch im Schach und sogar bei uns umgesetzt werden.

    Würden in der Vergangenheit alle Regeln so ganz konsequent ausgelegt geworden sein wie sie im Regelbuch stehen, hätten einige bestimmt schon das Handtuch geworfen; andererseits wird auch in Zukunft nix so heiß gegessen, wie es gekocht wird…

    Grundsätzlich glaube ich mal, das diese neue Regel mehr Vor - als Nachteile hat und deren Umsetzung auch immer situationsbedingt mal mehr oder weniger genau angewendet wird.

  12. Andyam 30 Mrz 2009 um 22:07

    @Fabian
    Es steht natürllich außer Frage, dass man sich dem Zwang der Regeln unterwerfen muss. Die Diskussion hier und andernorts dreht sich aber um die Rigorosität, mit der Regelverletzungen geahndet werden. Ich hielte es für völlig überzogen, wenn man in einer Turnierpartie beim ersten regelwidrigen Zug verliert. Ich hielte es für völlig überzogen, wenn man verliert, weil man eine Minute zu spät am Brett sitzt. Und ich halte es nach wie vor für völlig überzogen, dass man sofort verliert, wenn das Mobiltelefon einen Pieps macht. Ich will im übrigen auch nicht auf diese Art und Weise “gewinnen”. All diese “Vergehen” kann man zunächst auch mit dem Maßnahmenkatalog aus §13.4 der FIDE-Regeln abhandeln.

    @Bernie
    Ich stimme deinem ersten Satz voll zu! Es gibt mehr als Schwarz-Weiß, es kann immer irgendwas Unvorgesehenes auf dem Weg zum Spiel dazwischenkommen, genau aus diesem Grund gibt es die bisherige Stundenregelung. Man kann in den allermeisten Fällen trotz Problemen bei der Anreise mit verkürzter Bedenkzeit noch am Wettkampf teilnehmen. Warum sollten wir diesen Vorteil des Schachsports leichfertig aufgeben?

    Den Rest deines Beitrags verstehe ich nicht. Du bist also der Meinung, dass wir jetzt eine Nulltoleranzregelung einführen sollen, um sie dann doch nicht umzusetzen? Speziell dort, wo Schiedsrichter im Einsatz sind, wird es wie bei der Handyregelung keinen Ermessensspielraum geben, wer zu Spielbeginn nicht da ist, muss vom Schiedsrichter genullt werden. Es wird also z.B. bei Open oder ab Oberliga genau so heiß gegessen wie ihr es hier jetzt vorkocht.

    Aber auch bei Mannschaftskämpfen ohne Schiedsrichter wird die Bereitschaft zu solchen Goodwillaktionen stark abnehmen. Bisher konnte man sich sagen: “Na ja, sie haben ja noch eine Stunde Zeit, um zu erscheinen, stellen wir die Uhren halt erst um Viertel nach an.”. In Zukunft fällt dieses Argument weg, denn warum sollte man überhaupt warten, wenn der Gegner exakt zum ausgeschriebenen Termin am Spielort sein müsste?

    Mit den “menschlichen Seiten” meinst du vermutlich unter anderem auch den weit verbreiteten Konsens, dass man die Uhren bei Abwesenheit des Gegners erst nach einer Weile anstellt. Wenn die Uhren wirklich mal Punkt 10:00 gestartet wurden, dann schüttelt man halt innerlich den Kopf und fragt sich, was das für komische Typen sind. Ich glaube aber nicht, dass diese “Typen” sich in Zukunft auf ihre “menschlichen Seiten” besinnen werden, nur dann spielt man nicht mehr kopfschüttelnd mit zehn Minuten weniger, sondern fährt mit einem 0:8 (oder auch nur einem persönlichen -:+) umgehend wieder nach Hause. Ist das im Sinne des Schachsports?

    Ich halte das pünktliche Anstellen der Uhren im übrigen nicht für “unmenschlich”, sondern für völlig korrekt, nur denke ich, dass die verstrichene Zeit Strafe genug ist.

    Ich hätte gerne einen klassischen Aufsatz nach dem Schema These - Antithese - Synthese verfasst, nur fällt mir leider kein einziger Vorteil der Nulltoleranzregelung ein. Ich sehe nur Nachteile, die wir uns ohne Not und offenen Auges einhandeln würden.

    Fortsetzung folgt…

  13. Fabianam 30 Mrz 2009 um 22:26

    Ohne rigorose Bestrafung kapieren es nun mal viele nicht. Vor der Handy-Regelung war die dauernde Klingelei während laufender Partien unerträglich. Seitdem das den Partieverlust bedeutet, klingelt gar nix mehr. Man wird sehen, wie leicht es in Zukunft sein wird, einfach mal pünktlich zur Runde zu erscheinen. Und ich muss keine ganze Stunde mehr unnütz im Turniersaal rumhängen, wenn mein Gegner sowieso nicht kommt.

  14. Stefan Flassigam 30 Mrz 2009 um 22:41

    Ich hatte im Grunde nur auf die Vorlage von Fabian gewartet, der die Dreistigkeit einiger Psycho-Aktionen während einer Partie erwähnt; ich sehe das nämlich exakt wie er..

    Auf irgendeine Weise mag es zwar pingelig erscheinen, dass man sich durch regelwidrige Remisangebote oder falsche Züge stören lässt - in der Tat jedoch sind solche Zwischenfälle enorm störend, weil sie einem aus dem Konzept reißen und von der eigentlichen Partie ablenken. Kurz vor einem Mannschaftskampf (meint: vor dem regulären Beginn dessen) ist die mentale Anspannung in den meisten Fällen relativ hoch, was sich beim zeitnahen Freigeben der Bretter schließlich in 100%tige Konzentration auf das Spiel niederschlägt. Erscheint der Gegner jetzt aber nicht, fällt diese Anspannung zumeist von einem und man muss diese noch einmal künstlich aufbauen, um sich vollends konzentrieren zu können, während der Gegner bei schon laufender Uhr erstmal Kaffee und Schnittchen auspackt. Was jetzt vielleicht nur ein Versehen war und mit wenigen Minuten Bedenkzeitverlust einhergeht, ist eine ziemlich ausgesuchte Frechheit, die mental zu Lasten des Unschuldigen geht.

    Detlef hat verlauten lassen, dass es ja nicht das Ziel sein kann, dass die Mannschaften um 9:30h vor dem Spiellokal stehen und warten. Stimmt soweit natürlich: Es ist nur gefragt, dass die Mannschaften pünktlich sind. Mir fällt auch nach langem Denken einfach kein Bereich des sonstigen Lebens ein, in dem es in Ordnung und regel- und/oder etikettenkonform wäre, einfach eine Stunde zu spät zu erscheinen. Sind Schachspieler nicht in der Lage oder sich selbst zu schade dafür, das Navigationssystem (oder einen Onlineroutenplaner) zu nutzen und eine Viertelstunde früher aufzustehen? Wenn ich es mir recht überlege, dürfte sich die Anzahl der durch Unfälle, Unwetter oder Götter verschuldeten Verspätungen bei Mannschaftskämpfen in den letzten Jahren in Grenzen halten..

    Dieses beleidigende und den Sport und den Gegner nicht ernst nehmende Verhalten ist schlechtweg unangebracht und endlich regelwidrig.

  15. Andyam 30 Mrz 2009 um 23:06

    Die Turnierordnung ist nicht zur Herausbildung von Sekundärtugenden bei den ihr unterworfenen Spielern gedacht, sondern soll einen geregelten Spiel- und Turnierverlauf gewährleisten. Unpünktlichkeit ist schon jetzt ein Regelverstoß, die Sanktion dafür bemisst sich in den Minuten, die vom Anstellen der Uhr bis zum Eintreffen des Spielers vergehen. Die Sanktion für eine mehr als einstündige Verspätung lautet Partieverlust. Durch das Anstellen der Uhr ist gewährleistet, dass die maximale Dauer der Partie und damit der Turnierrunde genauso lang ist wie im Falle der rechtzeitigen Anwesenheit beider Spieler. Unpünktlichkeit gefährdet also weder den geregelten Ablauf der einzelnen Partie noch den Ablauf des ganzen Turniers. Über den Zeitpunkt, ab dem die Sanktion “Partieverlust” eintritt, kann man diskutieren, auch wenn ich ich keinen Handlungsbedarf oder Leidensdruck sehe, von der Stunde abzuweichen, nur die Nulltoleranzregelung wäre deutlich über das Ziel hinausgeschossen.

  16. Ottiam 30 Mrz 2009 um 23:22

    Andy und Fabian sind sich offenbar darin einig, verschiedener Meinung zu sein. Mein letzter, lange zurückliegender, Kommentar kam ziemlich fatalistisch ´rüber ( genau so sollte es sein! ), weswegen ich eine nicht weniger fatalistische persönliche Meinung zu der Thematik beisteuern will: Prinzipiell stimme ich Andy weitgehend zu! Fabian hat aber auch Recht, wenn er darauf hinweist, dass die Leute sich an eine Regeländerung sehr schnell gewöhnen würden ( spätestens nach den ersten Sanktionen ). Blöd wäre bei weiten Auswärtsfahrten, dass man wohl manchmal viel früher als der Gastgeber vor Ort wäre… .

    Vor vielen Jahren las ich einen Bericht über die Schach-Olympiade in Malta 1980. Es fiel auf, dass die sowjetischen Spieler immer fünf Minuten vor Partiebeginn an ihren Brettern saßen, um gelegentlich zu spät kommende Schnösel zu verdreschen. “Pünktlichkeit ist Teil der Spielstärke”, betonte eine ihrer “offiziellen Begleitpersonen”.

    Kurz und gut ( oder schlecht! ): Ich könnte mit der neuen Regel leben, befürchte aber ebenfalls, dass sich in der praktischen Umsetzung etliche neuartige Problemfelder auftun würden; was letztlich dazu führen kann, dass zumindest in den unteren Spielklassen mehr Probleme geschaffen als gelöst würden.

    Okay, ich nehme Fabians Gegenargument vorweg:”Zu spät, Punkt, aus!” Aber in den unteren Klassen wird das regelmäßig nicht so laufen ( übrigens laufen da auch jetzt schon einige Dinge, aus meiner Sicht, merkwürdig ).

  17. Andyam 31 Mrz 2009 um 01:04

    Ihr habt recht, dass es viel Schlechtigkeit in der Welt und auch am Schachbrett gibt. Die stellt ihr aber nicht ab, wenn ihr jede (häufig unverschuldete) Verspätung mit Partieverlust bestraft. Ihr wollt jenen das Handwerk legen, die absichtlich viel zu spät kommen, um euch aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das wird euch aber mit einer Nulltoleranzregelung nicht gelingen, denn wenn es wirklich Spieler geben sollte, die das Ablaufenlassen der eigenen Bedenkzeit als Psychotrick nutzen, dann verlegen sie ihre Tricks auf die Zeit nach dem Rundenbeginn. Ihr müsst also ab dem 1. Juli damit rechnen (und weitere Sanktionen ausarbeiten), dass euer böswilliger Gegner pünktlich zur Partie erscheint und dann nach dem ersten Zug Kaffee und Schnittchen auspackt und sich für eine Stunde in eine ruhige Ecke im Turnierareal zurückzieht. Oder für mehr als eine Stunde, denn nach dem Spielbeginn ist die Zeit pro Zug ja nur durch die Gesamtbedenkzeit begrenzt. Auch bei diesem Szenario wäre die mentale Anspannung dahin, ohne dass ihr was dagegen tun könnt.

    Versteht mich nicht falsch, das eben beschriebene Szenario wäre ein Frechheit, ebenso wie Remisangebote, während der Gegner am Zug ist, und wie viele andere Dinge auch. Die Grenzen sind aber fließend und häufig handelt es sich einfach nur um Gedankenlosigkeit. Ich habe es z.B. subjektiv auch als Frechheit empfunden, dass einer meiner letzten Gegner in glatter Gewinnstellung seinen letzten Zug mit Schmackes aufs Brett geknallt hat, bei 1,5 Stunden auf der Uhr für ihn und 4 Sekunden für mich. Begleitet vom Zurückwerfen des Körpers in den Stuhl und dem Ausstoßen unartikulierter Laute der Erleichterung. Was will man alles mit Partieverlust bestrafen? Wer entscheidet, was genau eine Störung ist?

    Ich habe es jedenfalls noch nie erlebt, dass gegen mich jemand mit Absicht zu spät gekommen ist, um mich aus dem Gleichgewicht zu bringen. Und ich bin auch noch nie aus diesem Grund absichtlich zu spät gekommen. Um Bernies Frage “Was ist daran verkehrt pünktlich zu sein?” klar zu beantworten: nichts ist daran verkehrt, es ist das erstrebenswerte Verhalten. Ich werde aber mit Sicherheit an keiner Veranstaltung mit Nulltoleranzregelung teilnehmen, denn mir wäre das Risiko zu groß, eine Partie kampflos zu verlieren, weil ich

    - wie 2005 in Travemünde oder gerade jetzt im Januar in Brakel Vereinskollegen zum Arzt fahren muss;
    - mich beim Auswärtsspiel zu unbekanntem Spielort einfach nur in der Fahrtdauer verschätze (nicht eine Stunde, sondern ein paar Minuten);
    - bei einer Auswärtsfahrt wirklich mal irgendwas den Verkehr aufhält;
    - mich als Fahrer bei Mannschaftskämpfen trotz Navi verfahre und damit gleich noch Schuld an der Null für drei bis vier Mannschaftskollegen bin;
    - nicht rechtzeitig aus dem Büro wegkomme, um pünktlich zum VM-Beginn um 17:45 am Brett zu sein;
    - rechtzeitig aus dem Büro wegkomme, aber noch kurz zum Klamottenwechseln zu Hause vorbeifahre, um aus Wertschätzung vor meinem Gegner nicht in stinkigen Lumpen vor ihm zu sitzen;
    - bei einem Open nach einer Vormittagsrunde, die sich vielleicht wegen eines Protestfalls oder bei Austragung nach Fischermodus länger als üblich hingezogen hat, noch was Essen gehen oder zum Frischmachen ins Hotel fahren will (das wie in Sömmerda damals auch etliche Kilometer entfernt im Nachbarort liegen kann);
    - usw. usw…

    Das kann alles passieren, nichts davon passiert böswillig, nichts davon braucht der Gegner als Missachtung aufzufassen, in vielen Fällen ist bei Eintritt der Verspätung noch gar nicht bekannt, gegen wen man überhaupt spielen muss, so dass gar keine persönliche Komponente enthalten sein kann.

    Gänzlich außen vor in meinen Fallbeispielen sind jene Schachfreunde, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Hier hat man vor allem am Sonntag noch viel weniger Flexibilität, häufig wird man noch nicht mal einen Zug früher nehmen können, weil gar kein früherer fährt. Und selbst wenn man früher fahren kann, dann passiert das häufig im Stundentakt, so dass man, um fünf Minuten Verspätung zu vermeiden, geraume Zeit zu früh in der Kälte vor verschlossenen Türen warten muss.

    Abschließend will ich auch noch auf den umgekehrten Fall hinweisen. Ich werde auch schon deshalb nicht an Turnieren mit Nulltoleranzregelung teilnehmen, speziell nicht an auswärtigen Open, weil ich keine Lust habe, eine Partie kampflos zu gewinnen, weil meinem Gegner eines der oben beschriebenen Malörs passiert ist und er seinerseits etwas zu spät erscheint, so dass man nach den bisher gültigen Regelungen noch spielen könnte.

  18. Jensam 31 Mrz 2009 um 03:02

    Nur mal so eingestreut: Selbst der Schachbundesliga ist die Null-Toleranz-Regelung zu krass. M. W. wird in der Saison 2009/10 mit 30 Minuten Toleranz gespielt … Ich kann mich beispielsweise noch an den BuLi-Kampf zwischen HSK und Tegernsee in der Saison 2005/06 erinnern, bei dem die Hamburger ein paar Minuten zu spät gekommen sind, weil’s Probleme in einer Restaurantküche mit den mittäglichen Pasta- und Pizzabestellungen der “Profis” gab. Ob nun Koch oder Mannschaftsführerin beim Timing den entsprechenden Patzer gemacht haben, konnte allerdings nicht näher geklärt werden ;-)

    Ich fände es ganz gut, wenn man sich auch beim NSV auf einen 30 Minuten Kompromiss einigen könnte und die Bezirke sich dann daran orientieren … die alte 60 Minuten Grenze ist mir schon immer überzogen tolerant vorgekommen.

    Einigermaßen chaotisch dürfte es hingegen werden, wenn auf jeder Ebene eine unterschiedliche Toleranz festgeschrieben wird …

  19. Jensam 31 Mrz 2009 um 04:22

    Einigermaßen chaotisch dürfte es hingegen werden, wenn auf jeder Ebene eine unterschiedliche Toleranz festgeschrieben wird …

    Hatte das ja schon fast befürchtet, aber in der Realität hat natürlich die Bundesspielkommission des DSB sich bereits im Januar für Nahezu-Null-Toleranz entschieden.

    Ergo
    1. Bundesliga: 30 Minuten
    2. Bundesliga: nahezu 0 Minuten
    Oberliga Nord West: 23 Minuten klingt gut
    Landes- und Verbandsligen: wie wär’s mit 42 Sekunden?!
    Bezirksebene: Bezirksnummer * (11 Minuten + 11 Sekunden) ist doch kreativ
    Kreisebene: -15 Minuten … da muss man bestimmt besonders hart durchgreifen

  20. Bernd Kimmicham 31 Mrz 2009 um 11:08

    @Andy: Zu deinen Äußerungen (Zitat: Du bist also der Meinung, dass wir jetzt eine Nulltoleranzregelung einführen sollen, um sie dann doch nicht umzusetzen?: Zitat Ende)
    Ein solches Vorgehen wird doch schon praktiziert. Es gibt auch heute schon Regeln, an die man sich NICHT UNBEDINGT hält sondern in Toleranzen. Bei Anwesenheit von offiziellen Kräften (z.B. Schiedsrichter) ist hier der Ermessensspielraum vom Schiedsrichter abhängig; bei “inoffiziellen Kräften” z.B. Mannschaftsführer (sicher sind auch diese irgendwie offiziell aber eben auf einer anderen Ebene wie die Erstgenannten) werden meist irgendwelche Einigungen angestrebt, so jedenfalls in der Vergangenheit.

    Ich glaube auch nicht, das sich dieses Verhalten grundsätzlich dauerhaft ändert, aber es könnte schon anfänglich versucht werden, die neuen Regeln “fies” durchzusetzen. Doch die Vereine oder Leute, die soetwas durchziehen versuchen, werden sich, wie früher auch, selbst Schaden und ihr Verhalten überdenken.

    Grundsätzlich glaube ich nicht, das der Charakter des Spielers sich von der neuen Regel beeinflussen läßt, nur werden, wie es hier auch richtig gesagt wurde, die zeitlichen Grenzen enger gesetzt.

    Eine gute Sache.

    Es kommt bestimmt auf die Situation an, in der ein evtl. Fehlverhalten gerügt wird oder eben auch nicht!!
    Wie immer also.

  21. Bernd Kimmicham 31 Mrz 2009 um 11:15

    @Jens
    Du sprichst mir aus der Seele.
    Die Willkürlichkeit einer festgesetzten Anfangszeit ist genauso willkürlich wie deren Auslegung. Nur halten sollte man sich dran…..

  22. Fabianam 31 Mrz 2009 um 18:01

    @Andy: Zu deinem ersten Absatz: Wenn der Gegner die Partie aufgenommen hat, ist klar, dass eine stattfinden wird - darum geht es mir.

  23. Andyam 31 Mrz 2009 um 22:16

    @Fabian:
    Ok, verstanden, aber muss man für diese Gewissheit die beschriebenen Härten billigend in Kauf nehmen, die man sich einhandelt, wenn man auf null Minuten runtergeht?

    @Bernie:
    Darf ich dich mit meinen Worten so zusammenfassen: du willst ausdrücklich eine verschärfende Regel neu einführen bzw. hier in unseren Bereich übernehmen, die dem Wortlaut nach keinerlei Kulanz mehr zulässt, mahnst aber im selben Atemzug eine tolerante Auslegung dieser (neuen!) Regel an und bezeichnest gar jene, die sich dann genau an diese Regel halten wollen, schon mal vorab als “Fieslinge”, die sich mit ihrem regelkonformen Verhalten selbst Schaden zufügen werden. Weil ich freundlich bin, frage ich jetzt und hier nur, warum du diese Regel dann überhaupt einführen willst? Wenn es nur darum geht, die zeitlichen Grenzen enger zu setzen, muss man nicht auf null Minuten runtergehen.

    Noch mal: wenn man jetzt zu spät kommt, dann hat man “nur” einige Minuten weniger auf der Uhr, wenn die “Fieslinge” die Uhr um Punkt 10 anstellen, oder noch ein paar Minuten weniger, wenn die “Fieslinge” auf der Abgabe der Aufstellung bis 9:45 bestehen. In Zukunft hätte man sofort verloren und müsste wieder nach Hause fahren. Das ist eine fundamental andere Qualität der Bedrohung, die auch durch eine noch so frühe Anfahrt nicht völlig aus der Welt zu schaffen ist.

    Denn noch mal: das was du als “fies” bezeichnest, ist lediglich die konsequente Anwendung der von dir befürworteten Regel. Und noch mal: der Schiedsrichter hat keinen Ermessensspielraum, denn er ist für die Einhaltung der Regeln verantwortlich. Lies dir doch (noch) mal den Beitrag auf der Seite des Kölner Schachverbands durch. Der bisher in den FIDE-Regeln enthaltene Hinweis, dass der Schiedsrichter auch anders als auf Partieverlust entscheiden kann, ist in der neuen Regel ausdrücklich nicht mehr enthalten. Ein wenig Spielraum besteht nur darin, dass nicht mehr vom angesetzten Spielbeginn, sondern von der Freigabe der Partien die Rede ist. Aber warum sollte der Schiedsrichter länger als bis 10:00 warten?

  24. Fabianam 31 Mrz 2009 um 22:42

    Es ist ja nicht nur für diese Gewissheit - die beschriebenen Härten kommen selten genug vor, schlechtes Benehmen wie billigend in Kauf genommene Verspätungen (wie zugegebenermaßen auch schon von mir selbst) dagegen zuhauf. Es hat ja nun auch was mit Respekt vor dem Gegner zu tun, pünktlich zur Partie zu kommen.
    Bei z.B. einer 15-Minuten-Toleranz wäre auch kein großer Spielraum für unverschuldete Zuspätkommer, eine größere Toleranz würde eine Neuregelung sowieso ad absurdum führen.

  25. Stefan L.am 31 Mrz 2009 um 23:58

    “I´d like to have an argument.”
    Erstaunlich viel Zeit verbringt ihr mit dem Thema. Die Positionen sind meiner Meinung nach jetzt gefestigt genug, aren´t they. They are not. Wie soll´s also weitergehen? Angenommen der DSB, der NSV, wer auch immer führt diese Regel ein. Was wollen wir dann tun? Boykott? Gründung eines eigenen Weltverbandes derjenigen, die die Regel inakzeptabel finden (Null Toleranz gegen zero tolerance…)? Oder wir halten es mit den Befürwortern und sind glücklich - oder doch wieder unglücklich bis die nächste, neue Regel auftaucht.
    Absurd finde ich eine Geschichte, die sich bei der Olympiade in Dresden abgespielt haben soll: Ein Spieler war fünf Minuten vor der Zeit (”… ist des Soldaten Pünklichkeit”), also vor Rundenbeginn am Brett, notierte die Spielernamen, Datum und was man sonst noch so vor der Partie notiert auf sein Formular und lief dann - da sein Gegner noch nicht am Tisch saß, alles immer noch VOR Rundenbeginn - noch mal los, um sich einen Kaffee zu besorgen. Als er mit dem heißen Gebräu dann zum Brett zurückkam, stellte er fest, dass:
    a) sein Gegner am Brett Platz genommen hatte,
    b) die Uhrzeit des Rundenbeginns (äh die Minute oder so) in der Vergangenheit lag,
    c) er die Partie wegen seiner nicht Anwesenheit zu Rundenbeginn verloren hatte.
    Vielleicht kann ja jemand bestätigen, dass es sich bei dieser Anekdote um moderne Legendenbildung handelt, isn´t it.
    Gute Nacht, wo immer ihr seid. Stefan

  26. Andyam 01 Apr 2009 um 00:22

    “Erprobt” wurde dies bereits zur Schacholympiade 2008 und es scheint sich bewährt zu haben.

    Die von dir geschilderte Geschichte habe ich auch irgendwo gelesen, kann jetzt aber keine Quelle angeben. Ebensowenig wie für die Geschichte des Schachfreunds, der genullt wurde, weil er bei Freigabe der Bretter nicht aufs einem Stuhl saß, sondern noch hinter diesem stand.

    Im Schiriblog wurde über einen Fall berichtet, bei dem es sich möglicherweise um deine Geschichte handeln könnte:

    Am Brett 1 von Tisch 43 ist GM Ermenkov um 10 Uhr nicht am Brett, obwohl er sich im Turniersaal befindet. Er sitzt erst 20 sec. später am Brett. Der Matcharbiter nullt ihn daraufhin. Nach Protest von Palästina entscheidet dann unser Sektorarbiter und der Deputy-Chiefarbiter das die Partie trotzdem gespielt wird. Daraufhin protestiert Jamaika und nach einer Stunde Spielzeit entscheidet Hauptschiedsrichter I. Leong das die Partie kampflos verloren ist.

    In der Olympiadeausgabe der Zeitschrift Schach (Doppelheft 12/08-01/09, S. 71) werden die Erfahrungen mit der neuen Regel so beschrieben:

    In Dresden ließen einige Schiedsrichter die Verfehlung durchgehen, andere griffen erbarmungslos durch. Es wurde mit zweierlei Maß gemessen und es kam zu Härtefällen, als jemand sein Brett nicht sofort fand oder sich zum Zeitpunkt des Rundenbeginns einige Schritte vom Tisch entfernt hatte, obwohl er zuvor schon dagewesen war.

  27. Andyam 01 Apr 2009 um 00:35

    Der DSB, der NSV und der Bezirk müssen diese Regel nicht einführen, können aber auch nichts gegen die Einführung unternehmen, denn ab dem 1.7. sind die null Minuten Wartezeit Bestandteil der FIDE-Regeln, so dass ab dem Stichtag in allen DSB-, NSV- und Bezirksturnieren diese Regel gilt. Immerhin hat sich der von den Außerirdischen Entführte nicht vollständig über den Sachverstand seiner Regelkommission hinweggesetzt, so dass es wenigstens eine Öffnungsklausel gibt. Hier sind aber die Unterorganisationen gefordert und müssen explizit abweichende Regelungen in ihre Ordnungen oder Ausschreibungen einbringen, wenn sie von den null Minuten abweichen wollen. Ich für meinen Teil werde hier in der Gegend, wie ihr euch sicherlich mittlerweile denken könnt, mein 1/12 Stimmgewicht im Landesspielausschuss und mein 1/5 Stimmgewicht im Bezirksspielausschuss darauf verwenden, dass diese völlig unnötige und völlig überzogene Regelverschärfung bei uns nicht zur Anwendung kommt.

  28. Bernd Kimmicham 01 Apr 2009 um 10:01

    @Andy:
    Das habe ich so nicht gesagt oder gemeint. Vielmehr wollte ich darauf hinweisen, das es schon jetzt Regeln gibt, die nicht oder nur teilweise umgesetzt werden und das es, wenn die neue Regel Einzug erhalten würde, auch hier zu “nicht ganz so krassen” Auswirkungen kommen und in Einvernehmlichkeit geregelt wird.
    So wird es zur Zeit auch schon praktiziert. Selbst in “leitender Position” befindliche (Schach)Funktionäre sehen schon über die ein oder andere Sache (Unregelmäßigkeit) hinweg und handeln meist zweckdienlich und gut.

    Nochmal zur Klarstellung: ich wollte hier lediglich eine kleine Diskussion anregen, was mir anscheinend auch gelungen ist. Weiter bin ich eher für diese Regel, als dagegen. Doch werde ich mich an alle Regularien halten, auch wenn diese neue Regel KEIN Einzug bei uns findet. Null Toleranz heist für mich: sei tolerant!

    Desweiteren war “fies” nicht auf Personen bezogen sondern eher auf das Umsetzen und Durchziehen von Regeln. “Fies” könnte auch durch “knallhart” ersetzt werden.

    Das es nun ein Für und Wider gegen diese (wie auch viele anderen Reglungen gibt) ist nur normal.

  29. Stefan Breueram 01 Apr 2009 um 11:42

    Hier ist was los …
    Da bereits alles gesagt wurde, aber noch nicht von jedem, hier auch noch kurz mein Standpunkt:
    1. Ich halte die neue Regel für zu hart und die alte Regel für zu weich.
    Gegen die neue Regel überzeugt mich vor allem Andys Argument: Wer von uns Hobbyspielern (!) möchte so eine Partie gewinnen? Ich jedenfalls nicht …
    Gegen die alte Regelung spricht, dass eine Stunde des Wartens einfach viel zu lang ist. Ich kenne keinen Spieler, der diese Ungewissheit (vgl. Fabians Beitrag) als sonderlich beglückend empfindet. Hierzu noch eine kleine Anekdote aus dem vielleicht berühmtesten WM-Kampf (Fischer-Spasskij), die ich aus einer Fernseh-Doku (von 2002) über diesen Kampf habe. Nachdem Fischer die 1. Partie verloren hatte, trat er zur 2. Partie bekanntlich nicht an und verlor kampflos. Spasskij konnte davon im Voraus selbstverständlich nicht ausgehen, war also vor Ort und wartete. Ein Mitglied der sowjetischen Delegation (Ich habe leider den Namen nicht parat; wer will, kann sich die Doku von mir auf Viedeo ausleihen …) beschreibt die Szenerie wie folgt (nicht wörtlich, aber sinngemäß): “Mit jeder Minute, die Boris wartete, wurde er zusehends nervöser. Mit der Zeit fiel er buchstäblich in sich zusammen; er war fix und fertig, ein gebrochener Mann. Ich bin mir hundertprozentig sicher: Wäre Fischer kurz vor Ablauf der Stunde noch erschienen, hätte er die Partie mit Leichtigkeit gewonnen. Spasskij wäre nicht mehr in der Lage gewesen, Widerstand zu leisten.” Als aktuellen “Beweis” für diese These ließe sich die (nicht ganz so bekannte) Partie Erdogan - Lau, U. aus dieser Saison anführen …
    2. Mein Kompromissvorschlag wäre das gute alte “akademische Viertel”, also eine “15-Minuten-Regel”.
    Zumindest in höheren Ligen hätte man damit praktisch eine “30-Minuten-Reserve” (da die Meldung ja um 09:45 Uhr feststehen muss), während in unteren Ligen die Fahrten bei weitem nicht so lang sind und damit die “Chance” für unvorhergesehene Ereignisse auf der Fahrt minimiert wären. Bei einer Viertelstunde ließe sich zudem das “Spasskij-Syndrom” vermutlich bei den meisten Spielern noch unterdrücken.
    Ich gehe dabei von der These aus (die ich ebenso wenig beweisen kann wie Andy die seine), dass die überwiegende Mehrzahl der Verspätungsfälle aus Ignoranz, Respektlosigkeit oder mangelhafter Planung resultieren. Natürlich kann es auch mal Fälle von “höherer Gewalt” geben, aber wie oft kommt das wirklich vor?! War es letztlich nicht vielleicht doch ein Planungsfehler?
    Dazu ein kleiner Denkanstoß: Ist es im Sinne des Schachs, dass man in total gewonnener Stellung eine “0″ kassiert, weil man die Bedenkzeit überschreitet? Die meisten von uns werden sagen: Ja, denn Schach ist nun mal auch ein Sport, bei dem es gewisse Regeln gibt. Bereits Aljechin sagte, dass die Unfähigkeit eines Meisters, sich die Bedenkzeit richtig einzuteilen, ein ebenso großer Mangel wie andere spielerische Defizite sei. Niemals dürfe dieses als Ausrede für einen Partieverlust durchgehen.
    In diesem Sinne: Ist es wirklich so fernliegend, die richtige Zeiteinteilung vor der Partie ebenfalls ais Bestandteil des sportlichen Wettkampfes zu sehen?
    3. Ich würde auch nach der neuen Regel spielen.
    Die Alternative, mit Turnierschach aufzuhören, kommt für mich nicht in Frage. Ich befürworte die neue Regel zwar nicht (s.o.), hätte aber auch kein großes Problem damit. Sollte ich eine Partie durch mein Zuspätkommen verlieren, könnte ich damit leben (ebenso wie mit dem Verlust durch Zeitüberschreitung, siehe Aljechin). Beim nächsten Mal wäre ich dann eben noch etwas früher unterwegs …
    Die einzige Alternative, das Aussetzen dieser Regel auf Bezirks-, Landes- oder sonstiger Ebene, für das Andy sich engagieren will, halte ich aus obigen Gründen nur dann für gut, wenn nicht die alte Regel beibehalten werden soll.
    Mit einer Ausnahme:
    4. Bei Vereinsturnieren bin ich entschieden gegen die Null-Toleranz-Regel.
    Begründung: Für mich sind Vereinsturniere “familiärer” als Kämpfe gegen Auswärtige; sie tragen noch eher Freundschaftscharakter (Das soll keine Abqualifizierung dieser Turniere bedeuten!). Auf keinen Fall möchte ich eine Partie gegen Andy oder irgendwen anderes gewinnen, weil dieser freitags nicht pünktlich von der Arbeit wegkommt! Ich weiß natürlich, dass diese These streitbar ist. Man darf da gern auch anderer Meinung sein … :-)
    5. Regelkunde und Etikette sind mir prinzipiell wichtig.
    Ich stimme mit Andy insofern überein, als dass ich ebenfalls den Hauptgrund für Verstöße gegen die Regen (z.B. Remis anbieten) oder gegen die Etikette in der Unkenntnis bzw. dem mangelnden Feingefühl der “Täter” sehe; nur in wenigen Fällen gehe ich - auf unserem Niveau - von Absicht aus. Dennoch sind diese Verstöße nicht minder störend! Den Einen beschäftigen sie dabei sicherlich mehr als den Anderen, aber gerade deshalb sollte man sich ja an die Konventionen halten. Daher zum Abschluss der ganzen Geschichte folgender Vorschlag:
    Wir haben häufig Trainingsabende (zumeist von Fabian vorgetragen), in denen es um schachliche Inhalte geht. Warum “opfern” wir nicht auch mal einen Freitag (oder zumindest eine Stunde), um uns in Sachen Regelkunde und Etikette fortzubilden bzw. zu verständigen. Dieser Vortrag richtet sich natürlich an Spieler aller Spielklassen, denn schlechtes Benehmen gibt es bei jeder Spielstärke.
    Vielleicht könnte sich z.B. Andy, den ich für unseren vereinsinternen “Regelgott” halte, bereit erklären, uns die wichtigsten festgeschriebenen (sprich: FIDE-Regeln) Regeln (z.B. Remis anbieten, Verhalten bei Zeitnot: Was darf der MF sagen?, Welche Strafen gibt es wofür?, …)

  30. Stefan Breueram 01 Apr 2009 um 11:47

    … darzulegen. Fabian oder meinetwegen auch ich (oder irgendwer, der sich dort gut auskennt …) könnten, vielleicht auf Grundlage des bekannten Artikels von Raj Tischbierek in der Zeitschrift Schach vor einigen Jahren, etwas zur Etikette sagen, was dann selbstverständlich eine produktive Diskussion nach sich ziehen könnte.
    Ich hätte gern einige Meinungen, ob so etwas vielleicht gewünscht wird. Ich denke, dass würde unseren Verein in gewisser Weise auch “auszeichnen”.
    Natürlich stünde es jedem frei, sich auch danach noch “unfair” zu verhalten, dann aber wenigstens wissentlich .,.. :-)

    P.S.: Wie doof muss man eigentlich sein, um schon auf “Veröffentlichen” zu drücken, wenn man noch gar nicht fertig ist?!

  31. Otto Hargesheimeram 01 Apr 2009 um 17:55

    Hallo Stefan,
    ich würde an so einem Vortrag teilnehmen und sogar mehr als eine Stunde Zeit dafür opfern.

  32. Andyam 03 Apr 2009 um 17:06

    Über Stefans Vergleich mit der Zeitüberschreitung in Gewinnstellung hatte ich als mögliches Argument für Nulltoleranz auch schon nachgedacht, mir schien der Vergleich aber nicht passend, denn die ZÜ hat normalerweise schachliche Ursachen. Es wird schon irgendwelche Gründe auf dem Brett gegeben haben, wenn man für seine Gewinnstellung 1:59 verbraucht hat und dann die Verwertung nicht mehr in der letzten Minute schafft. Die Verspätung zu Beginn der Partie hat überhaupt keinen Bezug zum Geschehen auf dem Brett, ebensowenig wie das Handyklingeln, beides ist eher mit einer Entscheidung am Grünen Tisch zu vergleichen.

    Stefans Punkt 2. enthält noch einen weiteren Begriff, den man für einen schachlichen Vergleich heranziehen kann. Warum sollte ein Planungsfehler bei der Anreise zur Null führen, wenn noch nicht mal jeder Planungsfehler während der Partie sofort verliert ;) Ich habe aber auch generell überhaupt kein Problem damit, wenn mein Gegner wegen eines Planungsfehlers zu spät kommt, was mich zu einem Aspekt führt, der bisher vielleicht noch nicht richtig rübergekommen ist.

    Nicht anderen wehren, sondern sich selbst so einrichten, daß man möglichst gut sei.

    (aus der Verteidigungsrede des Sokrates)

    Bei der ganzen Diskussion befällt mich ein mittelschweres Unbehagen, weil ich den Eindruck habe, dass sich da etwas in die falsche Richung entwickelt. Auch ich halte Höflichkeit (Handy aus!) und Pünklichkeit (vor 10:00 am Brett!) für wünschenswerte Tugenden, aber ich kann sie doch in erster Linie nur von mir selbst einfordern. Die FIDE-Regeln sind meiner Ansicht nach der falsche Ort, um Etikette zu erzwingen, vor allem sollte man aber geringe Verstöße eher als lässliche Sünden betrachten anstatt sie mit der Höchststrafe zu belegen. Gestern die Handyregelung, heute Nullkarenz, welches fragwürdige Verhalten wird morgen mit einer Null bestraft? Vielleicht sollten wir in Zukunft für jeden Wettkampf einen Teilnehmer auslosen, der dann jeweils festlegt, was ihn so sehr stört, dass es zum Verlust führt ;)

    Ich bestreite, dass Zuspätkommen als ein gravierendes, massenhaft auftretendes Problem anzusehen ist, das man nur noch mit einschneidenden Sanktionsandrohungen in den Griff bekommt. Sicherlich gibt es einige Extremfälle, wie das von Fabian und Stefan angeführte Beispiel aus der diesjährigen Landesliga, die man aber , wie hier weitgehend Konsens zu sein scheint, durch Verkürzung der Karenzzeit entschärfen könnte. Aber rechtfertigen diese Ausnahmefälle, dass man alle anderen bestraft, die es ausnahmsweise mal nicht rechtzeitig ans Brett schaffen? Muss ich bei den Hardlinern auch damit rechnen, dass sie bei einer Verabredung für 10:00 bereits um 10:01 wieder auf dem Weg nach Hause sind?

    Wenn ich also diejenigen Hardliner einfach nur nicht verstehe, die die neue Regelung übernehmen wollen, weil sie annehmen, dass die Regel genau so angewendet wird, dann bin ich aber fassunglos über diejenigen Hardliner, die die neue Regelung übernehmen wollen, weil sie annehmen, dass die Regel ohnehin nicht so angewendet wird. Bernie ist immer noch eine Antwort schuldig, warum er die Regel übernehmen will, obwohl er anscheinend (oder doch nur scheinbar?) kurzzeitige Verspätungen genau wie ich als lässliche Sünden ansieht? Ich kann mir dazu eine polemische Ankündigung nicht verkneifen: beim ersten Fall, in dem jemand um 10:01 auf dem Punkt besteht, werde ich all jene laut auslachen, die dann auch nur die Augenbrauen hochziehen, weil jemand genau die Regel für sich in Anspruch nimmt, für die die Befürworter jetzt so vehement eintreten. Mehr noch jene, die dann behaupten, dass sich Leute, die die Regel “durchziehen”, selbst schaden.

    6.6a: Jeder Spieler, der erst nach der Freigabe der Runde ans Brett kommt, verliert die Partie. Daraus folgt, dass die Karenzzeit 0 Minuten beträgt. Im Turnierreglement kann etwas anderes festgelegt werden.

    (Eigene Übersetzung)

    Ich freue mich im übrigen auch schon auf die ersten Blitz- und Schnellturniere nach dem 1. Juli. Da der neue § 6.6 im Anhang A (Schnellschach) und B (Blitz) nicht aufgehoben ist, muss man sich ernsthaft überlegen, ob man nach einer Partie mit voll ausgeschöpfter Bedenkzeit noch mal schnell für kleine Jungs gehen kann. Man muss dann nämlich befürchten, dass währenddessen die neue Runde freigegeben wird und die Partie schon zuende ist, wenn man mit seinem Geschäft fertig ist. Dumm nur, wenn man mehrere lange Partien hintereinander hat. Die neue Regel hätte also auch gleich noch den schönen Nebeneffekt, dass man die Schachspieler zu einer bewussteren Nahrungsaufnahme erzieht. Es soll jetzt keiner sagen “Nein, so ist das natürlich nicht gemeint, das wird schon keiner so durchziehen.”, denn genau so steht es da, und die Befürworter nehmen solche Härtefälle wenigstens billigend in Kauf, aber sicherlich für ein höheres Ziel.

    Da das hier sowieso keiner mehr liest, kann ich abschließend gleich noch eine Ankündigung machen: ich werde nicht nur keine Turniere mit Nullkarenz spielen, ich werde auch keine Turniere mit Nullkarenz (mit)organisieren, weil ich diesen Wahnsinn nicht auch noch aktiv durchsetzen will.

  33. Ottiam 05 Apr 2009 um 19:22

    Das hat dann doch noch jemand gelesen… . Im Interesse des organisierten Schachs in unserem Bezirk und bei uns in der SVg hoffe ich, dass sich Andy entweder mit seiner Meinung durchsetzt ( zumindest einen Teilerfolg zu erzielen vermag ) oder, dass er es sich ggf. anders überlegt. Die Wahrscheinlichkeit spricht m. E. eher für ersteres; zumindest auf Bezirks- und Vereinsebene.

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