Okt 06 2008
Die Zweite gewinnt überzeugend in Ricklingen
Das ist schon bitter: Olaf, Sven und Philipp sind zusammen jünger als ich.
Dr. MATIAS JOLOWICZ
05.10.08 in Ricklingen. Etwas verspätet sind wir dann doch noch am Spiellokal angekommen. Jolos Navi ist ´ne feine Sache, und er hat alles sorgfältig im voraus präpariert, aber in Hannover gibt es den “Ricklinger Stadtweg” offenbar doppelt. Aus irgendeinem schwer nachzuvollziehenden Grunde ließ er sich ausgerechnet die Route nach Garbsen anzeigen. Dort kamen wir dann auch pünktlich an, um das Malheur festzustellen. Nun, so haben wir wenigstens etwas von unserer Landeshauptstadt zu sehen bekommen!
Unser Gegner trat, ebenso wie wir, nicht in Bestbesetzung an, sodass wir uns durchaus Chancen auf die ersten Punkte gegen den Abstieg ausrechnen konnten. Bis zur Zeitkontrolle war das Geschehen an den Spitzenbrettern für die meisten von uns schwer einzuschätzen, aber elektronische Hilfsmittel können als Wegweiser durch den Variantendschungel dienen. Demnach hat Udo ziemlich gut gespielt, was seinen Gegner zu einem unnötigen und höchstens halbkorrekten Qualitätsopfer animierte. Bald war klar, dass wir an Brett 1 zumindest nicht verlieren. Olaf bastelte sich gegen den “Tromp” seines Gegners eine flexible Auffangstellung, aus der er, bei heterogenen Rochaden, zum Gegenangriff blasen wollte.
Nach ungefähr 2 Stunden äußerte ich gegenüber Jolo gewisse Bedenken: “Wir stehen ja ziemlich gut, doch eigentlich ist das Markenzeichen der Zweiten, dass aus Grottenstellungen heraus das Schicksal zu unseren Gunsten gewendet wird”. “Das kannste haben!”, war die Antwort. Wenig später hatte Jolo zwei Bauern weniger. “Für meinen Mannschaftsführer tue ich alles”, ließ der Doc verlauten. Meine Stellung sah inzwischen auch nicht mehr so gut aus, sodass wir zuversichtlich in die Zeitnotphase gehen konnten… . Allerdings hielt Olaf sich nicht an den Plan: Sein Gegner übersah einen fiesen Figurenverlust und Olafs Angriff ging weiter. Mit einer Figur mehr war der Angriff nicht zu stoppen. Die Zeitnot hatte an einigen Brettern schon eingesetzt, als Sebastian sich entschloss, das Remisangebot seines Gegners zu akzeptieren. “Das reicht locker für den Mannschaftssieg”, meinte unser achtes Brett.
Über die Ereignisse in der Zeitnotphase könnte man jetzt viele schlaue Sachen berichten, die einem der Computer offenbart hat, doch sei es gestattet, hier einmal nur meine persönlichen Eindrücke zu beschreiben: Wir führen mit einem Punkt. Ich habe noch 4 Minuten für 15 Züge. Ernst steht sehr gut, aber auch dort herrscht wilde Zeitnot. Philipp wird wohl verlieren. Mein Gegner tauscht die Damen und bietet Remis an. Ich stehe auf und frage Jolo, ob ich Remis machen kann. Er meint, dass er gewinnt, kann aber nichts über die anderen Bretter sagen. Ich spiele weiter und mein Gegner verfällt ins Grübeln. Letztlich müssen wir beide im Blitztempo die Züge bis zur Kontrolle ausführen. Ich reklamiere Zeitüberschreitung. Sebastian kam mit dem Schreiben nicht hinterher. Auf einem separaten Brett in einem anderen Raum rekonstruieren wir die Stellung. Wir haben bereits 42 Züge gemacht. Ich weiß, dass ich jetzt gute Gewinnchancen habe. Die Zeitnot ist vorbei… .
Philipp hat verloren und Ernst leider auch. Beim Zeitnotgehacke hat er es versäumt, die gegnerische Dame einzusacken. Zwar lagen wir jetzt zurück, doch Sven sorgte für den Ausgleichstreffer: 2,5-2,5 nach gut vier Stunden. Jolo stand auf Gewinn, ich hatte gute Gewinnchancen und Udo ebenfalls. Jolo besorgte die Führung! Inzwischen war die Frage, wie hoch unser Sieg wohl ausfallen würde. So etwas hat es in der vergangenen Saison bei uns nicht gegeben. Ein ganz neues Gefühl! Udo entschied den Tag für uns! Mit solider Technik zeigte er die Überlegenheit des Turmes über den Springer in der gegebenen Stellung. Mein Gegner ließ es sich nicht nehmen, angesichts des bereits entschiedenen Mannschaftskampfes ein weiteres Remisangebot über den Tisch zu schieben. Läufer und zwei Bauern bei mir, vier Bauern bei ihm. Ohne das geringste Verlustrisiko konnte ich versuchen, ihn auszutempieren. Unter Mithilfe des Gegners gelang es… . 5,5-2,5!
Diesmal also kein Fehlstart wie im letzten Jahr! Ob es am gesunkenen Altersdurchschnitt der Truppe lag?- Jedenfalls haben sich die “Neuen” prächtig integriert und die mannschaftliche Geschlossenheit ließ nichts zu wünschen übrig. Im Abstiegskampf werden noch stürmische Zeiten auf uns zukommen, aber mit unserer Mischung aus Erfahrung und Talent sollten wir gut gerüstet sein… .
Ganz nebenbei möchte ich nur kurz darauf hinweisen/bemerken, dass wir 3 (!) unserer 5,5 erreichten Brettpunkte an den 3 Brettern geholt haben, an denen wir nominell schwächer besetzt waren. Udo, Olaf und meine Wenigkeit haben ihre/unsere Gegner eigentlich relativ souverän besiegt! Auch Glückwunsch hierzu nochmal.
Des Weiteren kann ich mich Otti nur anschließen, wenn er sagt, dass die mannschaftliche Geschlossenheit nichts zu wünschen übrig ließ. Als “Neuer” habe ich mich bereits am 1. Spieltag in dieser Mannschaft pudelwohl gefühlt, und hoffe bzw. denke, dass wir diese Saison zusammen noch eine Menge Spaß haben werden! Und diese mannschaftliche Geschlossenheit/Harmonie kann uns im Laufe der Saison im Abstiegskampf nur zusätzlich helfen…..
Ich freue mich bereits jetzt auf den nächsten Mannschaftskampf mit Euch!! Auf eine nächste Überraschung ;). Denn, wer hätte gedacht, dass wir Ricklingen so souverän “putzen”!?
Eine kleine Ergänzung zu Ottis Artikel vielleicht noch: Auch ich befand mich vor der ersten Zeitkontrolle in Zeitnot, und kann somit nicht viel über die anderen Partien sagen. Jedoch stand Philipp meiner Meinung nach zwischenzeitlich (vor meiner Zeitnot) um einiges besser, wenn nicht sogar auf Gewinn, keine Ahnung, was da bei ihm passiert ist!? Vielleicht kann uns Otti ja dank dem von ihm genannten elektronischen Hilfsmittel darüber “aufklären”!? Er müsste die Partie ja haben…..
Eine “unschöne” Sache vom Sonntag muss ich jedoch noch bemängeln….. ich weiß ja nicht, wer genau dafür zuständig ist, bei beiderseitiger Zeitnot auf einem separaten Partieformular mitzuschreiben, was ich jedoch nicht so toll fand, war, dass sich bei meiner Partie (mein Gegner und ich befanden sich in Zeitnot) niemand dafür zuständig gefühlt hat, in der Zeitnotphase mitzuschreiben….. wenn man dann nach der Zeitnotphase so ca. 10-15 Züge rekonstruieren muss, ist das dann nicht mehr ganz so einfach….. aber Gott sei Dank haben mein Gegner und ich die Partie noch zusammenbekommen und es konnte danach weitergehen (es waren glücklicherweise mehr als 40 Züge, nämlich 44…..), wobei er gleich nach der Rekonstruktion, nachdem ich meinen 44.Zug ausgeführt hatte, die Waffen streckte/strecken musste ;).
Artikel 8.5 a) der FIDE-Regeln gibt Auskunft: “Wenn gemäß Artikel 8.4 kein Spieler mehr mitschreiben muss, soll, wenn möglich, der Schiedsrichter oder ein Assistent anwesend sein und mitschreiben.”
Problematisch wird es allerdings, wenn kein neutraler Schiedsrichter anwesend ist, sondern die Mannschaftsführer sich diese Aufgabe teilen und diese ihrerseits noch selber spielen und daher weder selbst mitschreiben noch eine Schreibkraft ernennen können…
Es ging in der Zeitnotphase ziemlich hektisch zu! Bei meiner Partie konnte Sebastian mitschreiben (auch wenn er hinterher meinte, wir seien zu schnell für ihn gewesen ). Mir kam Svens Zeitnot hingegen fast wie eine Fernpartie vor. Aus meiner Mannschaft hätte höchstens Olaf zum Schreiben abgestellt werden können, doch befand er sich in einem anderen Raum zwecks Analyse seiner Partie. Sven, ich fürchte, es war gar keiner da!
Da bin ich nochmal! Zu Philipps Partie könnte ich jetzt aus Vereins- oder Mannschaftspatriotismus Sven beipflichten, doch kennen auch andere Leute (Ricklinger!)
diese interessante Partie. Deren “Fischbüchsen” werden wahrscheinlich auch anzeigen, dass Philipp ab etwa Zug 20 selten Remis- und nie Gewinnchancen hatte. Philipp ließ sich auf ein taktisches Handgemenge ein, sein Mut ist zu loben, doch diesmal holte er sich eine blutige Nase. Kopf hoch! Erste Landesligapartie; beim nächsten Mannschaftskampf läuft´s besser!