Nov 04 2010

Die Zweite bleibt ungeschlagen!

Veröffentlicht von Andreas Klein um 01:15 unter Mannschaft

spielbeginn.gifTraumstart geht anders. Immerhin haben wir uns gesteigert. Nachdem gegen unsere Dritte noch mehr als zwei Punkte an der Gewinnerwartung fehlten, lagen wir am Sonntag gegen die Braunschweiger Schachfreunde nur noch einen Punkt unter dem Soll. Dabei war die Ausgangssituation gar nicht mal ungünstig, da BSF nur zu siebt antrat, so dass ich keine Gelegenheit erhielt, auch meinen zweiten Einsatz am Spitzenbrett zu verbocken. Darüberhinaus waren wir in der unteren Bretterhälfte klar favorisiert und vorne würden wir schon gegenhalten können. Dieser Plan ging leider nicht in Erfüllung, und das kam so:

Brett 1

Um 11 Uhr lagen wir also 1:0 in Führung. Wie ihr seht, begann der Kampf mit ca. siebenminütiger Verspätung ;) Die “gewonnene” Zeit hätte ich wunderbar für einen epischen Bericht über den Mannschaftskampf nutzen können, nur “leider” entwickelte sich ein relativ unspektakulärer Spielverlauf, vor allem blieben die vom Publikum geliebten ganz fiesen Flossengleiter aus, obwohl immerhin sechs Partien in die Zeitnotphase gingen. Lediglich eine Partie war deutlich vor der Zeitkontrolle beendet:

Wir führen

Kurz nach unserer Führung inspiziert Jü hier die Partie von Boris gegen Andreas Pflug, wo beide Kontrahenten gerade längere Zeit über ein Abzugsschach nachgedacht hatten, was dann aber doch nicht aufs Brett kam. Dies blieb hier das einzige größere taktische Geplänkel, bis dann gegen 12:25 Uhr in folgender Stellung Remis vereinbart wurde:

Boris Zug 25
Pflug-Brat (Schlussstellung nach 25. Txe8+ Sxe8)

Witzigerweise stellte sich dann zu Hause heraus, dass ausgerechnet an diesem früh beendeten Brett die größten Theoretiker saßen :) Bis zu 17.- Td8 gibt es in meiner Megabase eine Vorgängerpartie, und vielleicht wären es noch ein paar Züge mehr gewesen, wenn die Partie aus dem Jahre 2004 nicht an dieser Stelle sofort Remis gegeben worden wäre ;) In diesem Zusammenhang muss ich euch mit einem kleinen Exkurs zur ersten Runde langweilen: Boris hatte auch schon dort die längste Übereinstimmung mit einer Megabasepartie, allerdings war es dann Axel, der mit 13.- Sh5 den letzten Vorgängerzug ausführte. Später taucht aber dann auch noch die Stellung nach 16.- 15.- Sf4 in der Datenbank auf, allerdings kurioserweise mit vertauschten Farben Schwarz am Zug (dort nach 16. Dxd4)!

Ebenfalls noch vor der Zeitkontrolle gelang BSF der Ausgleich, um 14:04 Uhr lief Siggi gegen Dirk Willenberg in schon verlorener Stellung ins Matt. Dirk hatte schon in der Eröffnung die Weichen auf Sieg gestellt, als er hier mit 14. g4! ein Bauernopfer anbot, das Siggi besser nicht angenommen hätte:

Siggi Zug 13
Willenberg-Lau (nach 13.- b6)

Nach 14. - fxg4 15. hxg4 Txg4 16. Lh3 Tg6 17. Df4 Lb7 18. Se4! scheitert die lange Rochade an Sd6+, so dass der schwarze König nach 18.- Kf8 im Schussfeld der weißen Figuren bleiben musste, was er nicht lange ohne Verluste überstand.

Unmittelbar nach der Zeitkontrolle, aber ohne vorherige Zeitnot, musste Ernst sein Turmendspiel gegen Michael Steinhof remis geben, der Mehrbauer war leider nicht zu verwerten.

Ernst Zug 20
Abel-Steinhof (nach 20. Lg3)

Den Bauern hatte Ernst schon früh gewonnen, nachdem Schwarz hier mit 20.- d5 die Stellung öffnete, vermutlich weil man 20.- exd4 21. Txd4 wegen des rückständigen d-Bauern nicht haben will und weil 20.- Db8 arg passiv aussieht. Nach 21. Lxe5 Sxe4 22. Lxe4 dxe4 23. Dxe4 Lxa3 24. bxa3 Te8 25. Dc2 Te6 entstand dann folgende Stellung:

Ernst Zug 25
Abel-Steinhof (nach 25.- Te6)

Auf die von Ernst freigebene Überschrift “Ernst ist schuld” habe ich natürlich verzichtet, denn 26. Td3?! Txe5! kann man schon mal übersehen. Zumal Weiß seinen Mehrbauern behält, aber die Fesselung nach 27. dxe5 Lf5 ist unangenehm, und die Bauern a3, c3 und e5 (der momentan nicht mit f4 gedeckt werden kann) sind allesamt anfällig. Schwarz wickelte dann in ein Turmendspiel mit einem Minusbauern ab, wo es Ernst leider nicht gelang, dem aktiveren schwarzen Turm Gewinnversuche abzutrotzen. Somit stand es um 14:15 leider nur 2:2, und vier Partien gingen in die erste Verlängerung.

Sebastian und Lars

Der erste, der danach weitere Bemühungen einstellten musste, war Sebastian, der gegen Wolfgang Löber zwar noch einen Bauern hätte gewinnen können, was aber in einem ungleichfarbigen Läuferendspiel nur hübsche Dekoration gewesen wäre ohne jegliche Gewinnaussichten. Ärgerlicher war da schon eher, dass im Mittelspiel nicht mehr zu machen war:

Sebastian Zug 24
König-Löber (nach 25.- Tc4)

Weiß steht hier doch sehr viel aktiver, aber was Konkretes scheint nicht zu finden zu sein. Die hübscheste Idee der Kiste ist meiner Ansicht nach diese hier: 26. Ld6+ Kb6 27. Tdb1+! Ka7 28. Tb4! Txb4 29. axb4+ Kb6 und der schwarze König ist recht ungemütlich auf b6 gestrandet. Sebastian bereitete das Schach auf d6 mit 26. Tab1 vor, aber danach konnte Schwarz seinen König mit 26.- b6 27. Ld6+ Kb7 halbwegs in Sicherheit bringen. In aufkommender Zeitnot hätte die Initiative dann auch irgendwann mal auf Wolfgang übergehen können, aber schließlich landete man im oben geschilderten friedlichen Remisendspiel, 2½:2½ um 14:26 Uhr.

Jü und Mikel

Um 15:06 Uhr brachte uns Jü dann wieder in Führung. Im Bild stellt er gerade lehrbuchmäßig mit 44.- Tb3 seinen Turm hinter den gegnerischen Freibauern, um danach mit seinem aktiven König den weißen Königsflügel abzuräumen. Kurz zuvor hatte Olaf allerdings eine Remischance ausgelassen:

Jü Zug 42
Hoyer-Hesse (nach 42. Txa7 Kxf2)

Olaf setzte hier mit 43. a5? fort und nach 43.- axb5 44. b6 Tb3 entstand die Stellung auf dem Foto, die nach 45. b7 Kg2 und weiteren sechs Zügen leicht für Jü gewonnen war. Stattdessen springt die Kiste nach 43. Ta6! auf 0.00, wonach Schwarz mit seinem Mehrbauern nichts mehr anfangen kann, z.B. 43.- Kg2 44. Txb6 Kxh2 45. Txg6 Txa4 46. b6. Ein solcher Spielausgang wäre allerdings im höchsten Maße ungerecht gewesen, denn Jü hatte eine schöne Partie abgeliefert:

Jü Zug 27
Hoyer-Hesse (nach 27. Te1)

Hier musste er sich nicht um den e-Bauern kümmern, sondern konnte mit 27.- Lc5! aktiv spielen. Nach 28. Td1 Ld4 29. Se2?! (Td3 hätte etwas mehr Gegenwehr geleistet) Lxd5 war der Bauer weg, den Jü dann mit ins Turmendspiel nahm. Dort war der Materialvorteil aber nicht ganz leicht zu verwerten, so dass Jü gewisse Konzessionen machen musste. Für die Aktivierung des eigenen Königs mit Einbruch am Königsfügel ließ er Olafs Turm auf die siebte Reihe und opferte den a-Bauern, wobei er offenkundig die eigenen Chancen etwas zu optimistisch eingeschätzt hatte.

Um 15:35 musste dann leider Mikel seine Gewinnversuche gegen Christian van Elst abbrechen, zum Zwischenstand von 4:3 für uns. Trotz des großen Raumvorteils war nach der zweiten Zeitkontrolle kein gewinnverheißender Durchbruchsversuch in Sicht, so dass wir uns in unser Schicksal fügten:

Mikel Zug 61
Meyer-van Elst (Schlussstellung nach 61.- Sc7)

Lars versuchte dann in der letzten verbleibenden Partie noch eine Zeitlang das Unmögliche, aber Frank Herbst ließ in einem Turmendspiel mit seinen beiden Mehrbauern nichts mehr anbrennen und erzielte um 16:19 Uhr den 4:4-Ausgleich. Auch hier war mehr drin, denn in der Eröffnung hatte Lars mit Schwarz leicht ausgeglichen und ein Mittelspiel mit beiderseitigen Chancen erreicht, als dies hier geschah:

Lars Zug 29
Herbst-Nielsen (nach 29. Dd2)

Die Kiste schlägt Se5 (droht Sf3+) oder a4 (unterbindet b4 nebst Unterminierung des Sd4) vor. Lars besetzte aber mit 29.- Tab8 die halboffene b-Linie, was nach der nicht ganz offensichtlichen Dezentralisierung 30. Se2! einen Bauern kostete, denn nach 30.- Sxe2+ 31. Lxe2 hängen a5 und d5.

Das offensichtliche Resümee lautet: wenn wir in die Landesliga zurück wollen, dann sollten wir bei Gelegenheit auch mal einen Mannschaftskampf gewinnen ;)

7 Kommentare to “Die Zweite bleibt ungeschlagen!”

  1. Bernd Kimmicham 04 Nov 2010 um 07:14

    Immerhin seid ihr vereins-verbandsligaintern schon mal eurer Favoritenstellung gerecht geworden und habt uns überholt.
    Schöne Berichte von den drei Autoren übrigens. Macht Spass zu lesen.

  2. am 04 Nov 2010 um 11:37

    @Andy: Super Bericht mit schönen Diagrammen. Zu meinem Endspiel möchte ich noch anmerken, dass ich mich über einen Zug von mir im Nachhinein (schon während der Partie) geärgert habe. Nach dem unteren Diagramm und 29. … Lxd5 folgte 30. Sxd4 Lxg2, 31. Kxg2 und dann mein schlechter Zug exd4, der Olaf noch gewisse Remischancen lässt, während 31. … Txd4 sicherlich ein leicht gewonnenes Turmendspiel ergeben hätte. Zum Glück hat er dann im 43. Zug mit a5 richtig danebengegriffen, sonst hätten wir den Mannschaftskampf ggf. sogar verloren. Mit der Partie vor meinem 31. Zug war ich aber sehr zufrieden, da ich bis dahin mit Schwarz recht souverän eine Siegstellung erreicht habe (Läuferpaar und schwacher Isolani des Gegners in der d-Linie).

  3. Sebastianam 04 Nov 2010 um 13:52

    @Andy: Eine hübsche Variante in meiner Partie wäre noch die folgende gewesen:

    26.- b6 27. Ld6+ Kb7 28. a4?! und jetzt auf das gierige 28.- Ta4: 29. Tb6:+! Kb6: 30. Tb1+ Ka5 31. Lc6: Te7 32. Lc7+ Ka6 33. La4: +-

    Ärgerlicherweise ist der Schwarze nicht verpflichtet, sich auf a4 zu bedienen…

    Trotzdem ein sehr netter Bericht (gilt selbstverfreilicht für alle Veröffentlichungen des Wochenendes) .

    PS: Mit was für Nutzerdaten könnte ich mich hier eigentlich anmelden, um beim nächsten Mannschaftskampf mehr als nur sarkastische Dreizeiler zum Blog beizutragen?

  4. Sebastianam 04 Nov 2010 um 13:54

    Es muss natürlich 31.- Te6/f8/oder sonstwohin heissen…

  5. Ottiam 04 Nov 2010 um 21:16

    Andy sollte öfter kampflose Punkte einsacken, damit er straflos fotografieren kann. Durch die gelungene Verbindung von flüssig zu lesendem Text, anschaulichen Diagrammen und die Turnieratmosphäre einfangenden Bildern wurde ein großartiger Beitrag geschaffen. Klasse, Andy!

  6. Andyam 04 Nov 2010 um 23:33

    Vielen Dank für die Blumen! Ich glaube aber nicht, dass ich das an jedem Spieltag wiederholen werde (auch wenn ich wohl während der Partie straffrei fotografieren könnte), denn selbst hier ist mir gegen Ende die Puste ausgegangen. Mikel und Lars mögen das bitte entschuldigen. Zum Glück hat sich ja gerade Sebastian vorgedrängelt. Der Account ist angelegt, wir warten gespannt auf den Bericht zum Spiel in Hildesheim :)

    @Bernie: damit wir auch wirklich jetzt schon vor euch liegen (was wahrlich unser eigentliches und einziges Saisonziel ist) hast du nicht auf f5 genommen? ;)

    @Jü: da habe ich mir die Frage, warum nicht Txd4 kam, extra verkniffen und dann kommst du mir jetzt so :)

  7. Bernd Kimmicham 05 Nov 2010 um 09:03

    @Andy: durfte ja nicht auf f5 nahmen, da sonst euer “eigentliches Saisonziel” unerreichbar gewesen wäre…;-)

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