Dez 14 2009

Die Zweite stolpert in Ricklingen

Veröffentlicht von Michael Othmer um 23:47 unter Mannschaft

Sogar bei Mannschaftswettkämpfen niedrigster Rangstufe ist der Spieler verpflichtet, sich völlig den Interessen der Mannschaft unterzuordnen. Er spielt nicht mehr für sich, sondern für alle, die zum Team gehören, und jede Partie ist entscheidend.

LEW POLUGAJEWSKI, Aus dem Labor des Großmeisters, 2. Teil
 

Sonntag, 13.12.09 in Ricklingen: Einige Minuten nach 10:00 Uhr konnte der Vergleich der Abstiegskandidaten Nr.1 und Nr. 2 (Wer ist wer? — Es sei vorerst dem spekulierenden Leser überlassen…) endlich beginnen. Verantwortlich für die Verspätung waren Sven und ich (Asche auf unser Haupt!). Die ziemlich junge Ricklinger Truppe hatte für diesen wichtigen Wettkampf ihren Stammachter zum Einsatz bringen können, weswegen uns schon früh das Gefühl beschlich, dass diesen Burschen wirklich etwas an diesem Kampf lag.

Ein kleiner Rundgang nach etwa einer Stunde ließ zwar nicht gerade eine Katastrophe befürchten, aber eben auch keinen prall gefüllten Sack voller Brettpunkte für uns. Es entwickelte sich ein hart umkämpfter, ausgeglichener Mannschaftskampf. Bald tauchten erste Sorgen um unser Spitzenbrett auf, obwohl diese Partie erst viel später begann, weil der Ricklinger Spitzenmann verschlafen hatte und erst ca. 10:45 Uhr auftauchte. Unsere bemerkenswert sympathischen Gastgeber waren fair genug, Udo nicht im Unklaren darüber zu lassen, ob sein Partner käme oder nicht. Zum Ausgleich für Udos Probleme - die übrigens laut Computer doch nicht allzu groß waren - hatte Sven einen gesunden Mehrbauern.

Einige Zeit später wurde es Zeit für eine weitere Zwischenbilanz. Mir schien es nun, als ob die ewige Frage zur Unterscheidung von Optimisten und Pessimisten gestellt werden könnte: Ist das Glas halb voll oder halb leer? Udo schlecht - Ernst gut, Simon schlecht - Christian gut, Otti schlecht - Sven gut, Sebastian — keine Ahnung, aber eher gut - Olaf — erst recht keine Ahnung, aber eher nicht so gut. Die Auseinandersetzung schien also auf ein äußerst knappes Resultat hinauszulaufen. Ein Unentschieden war im Bereich des Möglichen.

12:30 Uhr: Christian meldete seinen Sieg! Als Schwarzer konnte er in einer interessanten Gambitvariante früh die Initiative übernehmen und seinen Gegner vor große Probleme stellen. Der Weiße konnte nicht mehr ausgleichen und übersah in den taktischen Verwicklungen einen Turmverlust. Christian hat jetzt 3,5 aus 4 und bleibt unser Topscorer!

Vor der heißen Zeitnotschlacht war nochmals Gelegenheit zum Kiebitzen: Udo stand vielleicht doch nicht so schlecht, aber Ernst glatt auf Gewinn. Simon würde wohl verlieren; dafür hatte Sebastian jetzt eine sehr aussichtsreiche Position. Sven sollte einen ganzen Punkt einfahren, solange er in Zeitnot die Nerven behielt. Olaf hielt sich tapfer. Hier glaubte ich inzwischen ernsthaft an ein mögliches Remis. Meine Position gefiel mir nicht, aber dafür kam mein Partner in Zeitnot.

14:15 Uhr: Ernst verlor gegen Arndt Kohlmann. In Zeitnot hatte er zunächst die Gewinnchancen durch ungenaues Spiel problematisch gemacht, um dann noch eins draufzusetzen und dem Gegner den ganzen Punkt zu gönnen. Wenn man weiß, was Ernst alles auf sich nehmen musste, um bei diesem Mannschaftskampf mitmachen zu können, kann man ihn nur als die tragische Figur des Tages bezeichnen. 1 - 1.

14:16 Uhr: Simon übergab mir betrübt sein Partieformular. Es gab keine Überraschung mehr. Benjamin Schmidt konnte einen überzeugenden Angriffssieg landen. Simon wird sicher weitere Chancen in der Zweiten bekommen…

14:17 Uhr: Udo verlor dann doch gegen Jan Krensing. In der Zeitnotphase flog die weiße Stellung am Ende auseinander. Ob Udo für den früh geopferten Bauern immer genügend Kompensation vorweisen konnte, mag ich nicht beurteilen. Er selber meinte nach der Partie “nein”, aber die Kiste sieht das lange Zeit anders. Zum Schluss zählt sowieso das Ergebnis… 1 - 3.

Jetzt sah es nach einer Niederlage für uns aus. Zumindest hatten wir nicht gerade das Gefühl, dass uns nichts mehr passieren kann. Meine Position hatte den ziemlich handfesten Nachteil, einen Minusbauern aufzuweisen, Olaf hatte recht gute Remischancen. Selbst die zu erwartenden Siege von Sven und Sebastian würden also nicht ganz ausreichen.

14:49 Uhr: Sebastian holte seinen dritten Punkt in Serie! Diesmal verließ er sich auf seine ausgezeichnete Technik und das Ergebnis gab ihm Recht, auch wenn Fabian und der Computer ihm anderes empfohlen hätten.

14:50 Uhr: Sven konnte seinen in der Eröffnung errungenen und später ausgebauten Materialvorteil sicher nach Hause bringen! Seine Zeiteinteilung wirkt sich zwar weiterhin ungesund auf den Blutdruck seiner älteren Mannschaftskollegen aus, aber wenn er so weiterpunktet… 3 - 3.

Inzwischen war ein 4 - 4 wieder wahrscheinlich geworden. Olaf hatte - m.E. ohne Not - einen Bauern gegeben, um Gegenspiel zu bekommen. Mein Partner gab - m.E. unnötig - seinen Mehrbauern wieder her, um mich zu einer Remisschaukel zu zwingen.

15:11 Uhr: Alles Grübeln half nichts mehr: Ich musste Dauerschach geben. Thomas Spiess hatte lange Zeit mehr vom Spiel, sodass wir mit diesem halben Punkt sehr zufrieden sein konnten.

15:40 Uhr: Olaf musste Christian Regert zum Sieg gratulieren! Vielleicht hätte eine rein passive Verteidigung mehr im Geiste der Position gelegen, aber wer will einem jungen Spieler so etwas empfehlen? — Und hinterher ist man immer schlauer. 3,5 - 4,5.

Immerhin hat unsere Erste durch den hohen Sieg gegen Göttingen dafür gesorgt, dass wir in der Tabelle einen Platz nach oben kletterten. Zum Jahreswechsel standen wir noch nie so gut da, aber die nächsten schweren Aufgaben warten schon auf uns. Durch diesen kleinen Ausrutscher wird der Klassenerhalt natürlich nicht einfacher, aber wir versprechen, alles in unserer Macht stehende dafür zu tun!

Allen Lesern des SVg-Blogs wünsche ich schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

5 Kommentare to “Die Zweite stolpert in Ricklingen”

  1. Sven Hagemannam 15 Dez 2009 um 17:30

    Hoher Blutdruck bei den älteren Mannschaftskollegen? Kann ich kaum glauben… mittlerweile müsste sich doch rumgesprochen haben, dass ich ein sehr guter Blitzer bin ;-).

  2. Ottiam 15 Dez 2009 um 19:19

    Wenn dein Blättchen in waagerechter Position ist, werden deine Blitzqualitäten gerne mal vergessen. Bei deiner nächsten Zeitnot - d.h. in deiner nächsten Partie - stellen wir einfach ein Hinweisschild auf: ” Häuptling flinke Flosse bei der Arbeit! ” oder ” Hier sitzt ein sehr guter Blitzer - don´t try this at home!” ;-).

  3. Fabianam 16 Dez 2009 um 00:41

    Im Jenseits werde ich versuchen, mit Lew in eine Mannschaft zu kommen.

  4. Jürgenam 16 Dez 2009 um 01:07

    @Sven Hagemann: mittlerweile müsste sich doch rumgesprochen haben, dass ich ein sehr guter Blitzer bin ;-)

    Ähem! Bischoff, Podzielniy, Tal (r.i.p.) … ;-)

  5. Jürgenam 16 Dez 2009 um 01:21

    Fehler!

    Podzielny schreibt sich so! Sorry, Potz Blitz!

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