Aug 24 2009
Durchwachsen in Gütersloh
Schreiben Sie bitte ihren Namen und Ihre DWZ auf? Ich habe 2010!
Mein Erstrundengegner, als er mir vor unserer Partie sein Formular reichte; er verriet nicht seine DWZ (1632), sondern wohlweislich seine Elo!
Vergangenes Wochenende lud der Gütersloher Schachverein von 1923 e.V. erstmals zum Sparkassen-Cup ein. Wie der Name schon sagt von der örtlichen Sparkasse gesponsert, wurden in zwei Turniergruppen fünf Runden Schweizer System gespielt. Eine meiner Meinung nach viel zu wenig verbreitete Turnierform, müssen Berufstätige dafür schließlich meist keine Urlaubstage opfern, und Schüler können teilnehmen, ohne einen Tag abzuklemmen.
Die SVg wurde durch Simon und mich vertreten. Während Simon sich mit der B-Gruppe bis 1800 begnügen musste, war ich in der A-Gruppe hinter Alexander Kabatianski und Tobias Jugelt an drei gesetzt. Wir legten beide einen Stotterstart hin: Simon gab bereits in der ersten Runde gegen einen nominell deutlich schwächeren Spieler ein Remis ab, mich erwischte es in der zweiten Runde. Das tat doppelt weh, denn wie aus dem Eingangszitat ersichtlich, hatte ich in der ersten Runde nicht gerade einen Top-Buchholzlieferanten erwischt.
In Runde drei verlor Simon gegen den in der B-Gruppe an eins gesetzten Stefan Junker, während ich meine einzige überzeugende Partie spielte. Die Schlussphase möchte ich vor allem aus Imagegründen niemandem vorenthalten, zeigten sich doch die anwesenden Salzdetfurther Gerhard und André Wiege, die gemeinsam mit Benjamin Löhnhardt auch mitspielten, ziemlich überrascht von meinem Angriffsschach:
Müller - Ehrlich
18.Sfxd4 war einer von mehreren Gewinnzügen, aber bestimmt der hübscheste (und laut Rybka auch der stärkste), weil sich zu den Drohungen auf c7 und g7 nun noch das Matt mittels 19.Lh5+ nebst Opfer auf g6 gesellt, weswegen Schwarz den Th1 nicht nehmen kann. Nach 18…Sc5 19.Lf4 Le4 kehrte ich zugegebenerweise zu meinem gewohnten Pragmatismus zurück und wickelte mit 20.Dxe4 Sxe4 21.Lxd6 Lxd6 22.Lf3 Lb4+ 23.Ke2 in eine vereinfachte Stellung mit Mehrfigur ab, wonach mein junger Gegner aufgab.
Runde vier brachte nicht viel Neues: Simon spielte wieder gegen einen deutlich schwächeren (ohne despiktierlich sein zu wollen, lasse ich das “nominell” hier begründeterweise mal weg) Gegner glücklich Remis, ich spielte gegen Jugelt ebenfalls wenig überzeugend (manche würden von Kaffeehausschach sprechen), schaffte aber ebenso glücklich ein Remis.
Während in der letzten Runde also für Simon Schadensbegrenzung auf dem Programm stand (die durch einen Sieg auch erreicht wurde), hatte ich noch die Chance, mich mit einem Sieg in die Preisränge zu spielen, was mir erst durch einen Fehler meines Gegners in letzter Sekunde gelang:
Müller,F - Webner,D
Wie meinem Zweitrundengegner war es meinem Gegenüber auch hier gelungen, durch konsequentes Spiel auf Remis eine Festung einzunehmen. Ich versuchte meine letzte Idee: 52.Lxf5 ef 53.e6 Sonst blockiert Schwarz mit De6, und es geht gar nichts mehr. 53…Dxe6 54.Dg8+ Lc8 55.Dh8 Der Unterschied in der Wirkungskraft der Läufer ist offensichtlich. Doch obwohl Schwarz nun dazu gezwungen ist, seine Dame passiv zu Verteidigungszwecken zu gebrauchen, kann Weiß die schwarze Festung nach 55…Dd7 56.De5 Db7 nebst 57…Le6 nicht stürmen. Mein Gegner zog aber recht schnell 55…Kb7??, was wegen 56.Dd8 mit der Drohung 57.Db6+ nebst 58.Db8 matt sofort verliert. 56…Da2+ 57.Kg3 1-0
Am Ende landete Simon auf Rang 19 von 44, während ich auf Rang vier von 42 wegen der Preisgeldvergabe nach Hort-System noch meine Unkosten ersetzt bekam. Gewinner und damit Gütersloher Stadtmeister wurde Tobias Jugelt, der in der letzten Runde noch den Lokalmatadoren Manuel Ebert, bis dahin klar mit 4 aus 4 in Führung, abfing und an der Spitze für ein Quintett von Spielern mit 4 Punkten sorgte.
Bisher gibt es auf der Gütersloher Seite Teilnehmerlisten, Paarungen und Tabellen. Die Partien wurden allerdings auch eingegeben, vielleicht werden sie noch veröffentlicht. Darüber hinaus wurden auch Fotos gemacht; auch die erscheinen möglicherweise zeitnah.
Wie gut einem ein Turnier gefällt, hängt natürlich in hohem Maße immer davon ab, wie man selber spielt bzw. abschneidet. Den Teil, den man selber nicht beinflussen kann, organisierten die Gütersloher trotz (oder gerade wegen?) der erstmaligen Ausrichtung des Turniers vorbildlich und mit viel Engagement. Hervorheben möchte ich neben sicher vielen anderen Beteiligten den sympathischen Vorsitzenden Stephan Kluge und sein Orga-Team, die Truppe, die das Catering erledigte (ich und Namen …) und die Tatsache, dass ich nichts Negatives über den Schiedsrichter sagen kann, was m.E. für einen Unparteiischen das größte Kompliment ist. Auch die Spielstätte bot, obwohl es eine Neubauschule war, ein schönes Ambiente. Wenn es nächstes Jahr passt - gerne wieder!
Du und Simon seid inzwischen ein richtiges Paar…Turniertechnisch betrachtet..Danke für den netten Bericht und derartige Kurzturniere sind auch für mich immer wieder verlockend; beim nächsten mal ist Gütersloh eine Option.
Ja, der Simon und ich sind schon ein tolles Trio,…äh…,Quartett.
@Bernie: Sind diese kurzen Turniere für dich turniertechnisch oder wegen der “Paar”-Geschichte verlockend? :-)
@Kalauerfreunde: War die Partie Müller-Ehrlich ehrlich Müller? Ist ja kaum wiederzuerkennen, der Gute … :-)
@Stefan: ein PAAR KURZTURNIERE dürfen es sicher sein, denn diese sind sehr kurzweilig; im Hinblick auf die Turnierlänge allemal verlockend.
Ehrlicherweise ist Herr Müller ehrlicher, als Herr Ehrlich ein Müller ist, vermute ich.
@Fabian: Schöner Bericht!
Er liefert mir eine “Steilvorlage”, um nocheinmal auf unser Lessing-Open vom 18. - 20. September 2009 in Wolfenbüttel hinzuweisen, welches nach dem selben Modus ausgetragen wird: Zwei Turniergruppen und fünf Runden nach Schweizer System.
Ich hoffe, viele Schachfreunde aus Salzgitter dort zu treffen.
@Jürgen P.: Deine Hoffnung wird nicht enttäuscht werden! Außerdem werden wieder 2-3 unserer fleißigsten Berichteschreiber dabei sein.