Nov 29 2009

Die Zweite schlägt Lehrte

Veröffentlicht von Michael Othmer um 23:05 unter Mannschaft

Du musst doch zugeben, dass es ein ziemlich großes Wunder wäre, wenn die Zweite nicht abstiege!

FM Stefan Breuer vor dieser Saison
 

Sonntag, 29.11.09 in Salzgitter. Diesmal kamen unsere Gäste ein wenig zu spät, doch konnte der Kampf um 10:05 Uhr an immerhin 7 Brettern aufgenommen werden. Philipps Gegner kam wenige Minuten danach und es begann ein denkwürdiges Ringen an allen acht Brettern. Wie immer fühlten wir uns in der Außenseiterrolle pudelwohl und wollten aus unseren Möglichkeiten das Beste machen. Wenn mein Wunschdenken mein Urteilsvermögen nicht allzu stark beeinträchtigen sollte, wächst der Stammachter langsam zu einer echten Mannschaft zusammen.

Bei einem kleinen Rundgang um 11:25 Uhr musste ich feststellen, dass an allen Brettern mehr Züge ausgeführt worden waren als an meinem. Mein Gegner dachte gerade über seinen neunten (!) Zug nach… Selbstverständlich fragte auch wieder ein Spieler aus der Vierten, wie es bei uns stehe. “Was? Noch null zu null?”. Sebastian machte die scharfsinnige Beobachtung, dass es bei uns fast nie vorkam, dass ein Mannschaftskampf sich so träge anließ: “Nach zwei Stunden ist eigentlich an keinem Brett wirklich etwas los!”.

12:20 Uhr: Das erste Highlight des Tages: Der ansonsten durchaus manchmal zur Hasenhaftigkeit neigende Mannschaftsführer lehnte ein Remisangebot nach dem zwölften Zug des Weißen ab! — Andreas Brants, der Mannschaftsführer der Sechsten, erkundete unmittelbar davor meine Meinung über seine Remisangebotsablehnung im parallel ausgetragenen Mannschaftskampf: “Ich bin der Käpt’n! Da muss ich mit gutem Beispiel vorangehen!”. Vielleicht hat mich diese Einstellung positiv beeinflusst. Jedenfalls entschied ich nach kurzer Aussprache mit Ernst: “Recht hat der Andreas! Wer von anderen Kampfgeist einfordert, muss auch selbst bereit sein, rudimentäre Ansätze desselben an den Tag zu legen.”.

12:55 Uhr: Udo schaffte mit Schwarz ein erfreuliches Remis gegen Heinrich Bedürftig! Unmittelbar davor hat mich ein Spieler meiner Mannschaft wissen lassen, dass “Udos Stellung eine positionelle Katastrophe” sei. Udo musste zwar einiges aushalten, aber wenn am Ende der gewünschte halbe Punkt geholt wird, kann keiner meckern. Mit etwas Positivem auf der Habenseite fängt die Saison für unser Spitzenbrett jetzt erst richtig an!

Ein weiterer kleiner Rundgang verursachte das Entstehen einiger Sorgenfalten. An den Gesichtern meiner Mitstreiter konnte man erahnen, dass auch sie mit dem Schlimmsten rechneten. Die Stellung von Ernst schien einem schachlichen Gruselkabinett entsprungen: Nach ungefähr 20 Zügen noch kein einziger Abtausch von irgendetwas! Die Zeitnot kam schon angekrochen. In solchen Fällen kann alles passieren. Philipp hatte wohl nicht genügend Kompensation in Form von dynamischem Gegenspiel für seinen Minusbauern aufzuweisen. Christian war genötigt seine Dame für zwei Türme zu geben. Leider in einer Stellung, in der die Türme nicht gut zusammenarbeiten konnten. Sven geriet schon frühzeitig in eine horrende Zeitnot (Ernst: “Wir wären dir sehr verbunden, wenn du etwas schneller spielen würdest!”) und die positiven Aspekte der Sebastian’schen Stellung erschlossen sich mir ebenfalls nicht. “Gut!”, dachte ich: “Unsere besten Ergebnisse holen wir immer aus schlechten Stellungen”. Der Geist der alten Zweiten?

13:45 Uhr: Ernst einigte sich mit Stefan Schmezko auf ein Unentschieden! Nach 25 Zügen war erst ein Bauerntausch erfolgt und beide wollten sich wohl nicht auf das Vabanque-Spiel eines “Blitzens bei vollem Brett und ziemlich unklarer Stellung” einlassen. Für Ernst ist das Ergebnis trotz weißer Steine in Ordnung. Nach zwei Niederlagen macht man gerne mal ein “Bremsremis”.

An den anderen Brettern ging jetzt das Zeitnotgehacke los! Einmal hörte ich wie Sven seinen Gegner, der im Gegensatz zu ihm noch über reichlich Bedenkzeit verfügte, zum Mitschreiben der Züge aufforderte. “Das mach’ ich schon noch!”, kam es zurück. Meine Stellung mit Mehrbauer ließ sich wohl besser verwerten, als ich es mit phänomenalem Mangel an Technik versuchte. Interessant ist auch der Fakt, dass ein gefühltes Dutzend regelkundiger Zuschauer um unser Brett herumlungerte, aber keiner auf den doch recht naheliegenden Gedanken kam, mitzuschreiben. Wenigstens gab es erfreuliche Neuigkeiten für mich, als Zeitnot und Vervollständigung des Partieformulars gaschafft waren…

14:05 Uhr: Olaf nahm Michael Frodl einen halben Punkt ab! Auf den ersten Blick und ohne Computerunterstützung eine recht ansehnliche Partie der beiden Kontrahenten am zweiten Brett. Aber nachdem Olaf am zweiten Spieltag seine Klasseleistung nur deshalb nicht mit dem letzten Zug verdorben hatte, weil sein Gegner ihm auf’s Wort glaubte und aufgab, werde ich mir das noch genauer anschauen…

Sebastian besiegte Christian Jordan! Beide Spieler machten Fehler. Sebastian glücklicherweise den vorletzten! Wird er wie in der Vorsaison zu einer “Bank” in der unteren Bretterhälfte?

Christian holte gegen Dorothee Schulze noch einen vollen Punkt! Vor meinem “Abtauchen” in der Zeitnotphase hätte ich das nicht mehr für sehr wahrscheinlich gehalten. Unser selbstkritischer Topscorer war denn auch sehr unzufrieden mit seinem Spiel. Sebastian versuchte dann noch, Dorothee Sympathie entgegenzubringen indem er darauf hinwies, dass sie nun schon mehrmals von einem SVgler “beschissen” wurde…

Beim Spielstand von 3,5 - 1,5 für uns liefen noch drei Partien, aus denen wir noch einen Punkt herausquetschen wollten. Die gefahrlosesten Gewinnversuche konnte ich machen, doch objektiv war das Turmendspiel mit 3 gegen 2 Bauern an einem Flügel nur unter Mithilfe des Gegners zu gewinnen. Deshalb war ich sehr froh, als um

14:22 Uhr Sven das Remis gegen Helmut Schau sicherstellte! Seit dem Aufstieg in der Saison 2006/07 durchströmte mich kein ähnliches Glücksgefühl mehr, wie in diesem Moment! Unterdrückte Urschreie, Grinsen über sämtliche Backen und die spontane Otti-Faust waren das Präludium zu einem letzten Zug am Brett nebst Remisangebot, welches ohne Zögern akzeptiert wurde. Wir hatten es wieder mal geschafft! 4,5 - 2,5 für die Zweite!

Philipp musste etwas später seinem Gegner, Gunnar Zschischang, zu einem verdienten Ehrentreffer gratulieren. Immerhin musste unser Jüngster diesmal am längsten kämpfen und hat sich ein Fleißkärtchen verdient! Endstand: 4,5 - 3,5.

Unsere Vereinsmitglieder werden alle noch in den Genuss kommen, sich diese Partien anzuschauen; aber ich bezweifele, dass sich dem Nachspielenden die ganze Dramatik dieses Wettkampfes offenbaren wird. Am Abgrund kämpfend zeigten wir endlich wieder alte Tugenden und kamen zu einem - wenn auch insgesamt glücklichen - Sieg gegen eine starke Landesligamannschaft! Es macht immer wieder sehr viel Spaß, gegen die ausgesprochen sympathischen und fairen Lehrter zu spielen! Hoffentlich gibt es in der nächsten Saison eine weitere Gelegenheit, uns mit ihnen zu messen…

6 Kommentare to “Die Zweite schlägt Lehrte”

  1. Bernieam 30 Nov 2009 um 22:45

    Ein wirklich gelungener Bericht mit einem Zitat, bei dem man nun merkt, das auch der beste S(CH)achverstand nicht immer stimmen muß.
    In der Hoffnung, das Lehrte doch nicht absteigt, werdet ihr sie wiedersehen. Oder war der letzte Satz doch anders gemeint??

  2. FM Stefan Breueram 30 Nov 2009 um 22:50

    Wunnnder gibt es immer wiiieder, …

  3. Sven Hagemannam 30 Nov 2009 um 23:05

    Um Gottes Wilhelm Bernie, wie kannst Du es wagen, so eine Frage zu stellen!? ;-)

  4. Bernieam 30 Nov 2009 um 23:30

    hab wohl den passenden smilie vergessen..

  5. Ottiam 01 Dez 2009 um 20:07

    @ FM Stefan Breuer: Katjas oder Guildos Version?

  6. Lehrte - Blog - 29 Nov 2009am 13 Jan 2010 um 12:37

    […] Schachvereinigung Salzgitter e.V. » Die Zweite schlägt Lehrte […]

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