Apr 26 2009

Schachblindheit nach 6,5 Stunden Spielzeit?

Veröffentlicht von Sven Hagemann um 22:51 unter Mannschaft

Wir schreiben Sonntag, den 26.April 2009. Ca. 16:15 Uhr. Es läuft der letzte Mannschaftskampf in dieser Saison gegen die Schachtiger aus Langenhagen. Alle sind fertig. Bis auf einer. Eine Menge SVG’ler warten bereits im Lehrerzimmer sehnsüchtig auf das Ende der letzten Partie, um dann endlich ihren Magen beim Italiener stärken zu können. Alle anderen Mannschaften sind schon fertig. Der letzte, der noch spielt, bin ich. Es steht 2,5:4,5 gegen uns.

Jetzt fragt ihr Euch bestimmt, warum schreibt er das hier?

Genau ihr, die große Spielertraube, die so sehnsüchtig auf das Ende und das Essen beim Italiener gewartet habt, seid der Grund. Viele von Euch haben ja bestimmt ab und zu mal auf meine Stellung geschaut, und unabhängig davon, wie sehr sie am Ende zeitweise zwischen Remis und Gewinn für Schwarz hin- und hergeschwankt ist, möchte ich Euch folgendes Diagramm widmen:

pos1.jpg

Man möchte es kaum glauben, aber diese Stellung ist Remis! Weiß hätte hier doch tatsächlich mit Ke5 noch den Remishafen erreichen können. Aber (wie) soll man das nach 6,5 Stunden Spielzeit noch sehen/berechnen? Gefühlsmäßig müsste der weiße König dabei doch matt gehen, oder etwa (doch) nicht!? Der weiße Trumpf besteht in der schlechten schwarzen Königsstellung und drohenden Abzugsschachs des weißen Turms. Wer möchte, kann ja gerne selber mal versuchen, ein paar Varianten zu analysieren…..

Edit: Der von einigen nach der Zugreihenfolge 75. Tc2+ Kb3 76. Df3+ vorgeschlagene Zug 76… Ka4 gewinnt übrigens nicht. Weiß kann hier mit 77. Df2 das Gleichgewicht aufrecht erhalten, da Schwarz die Fesselung des weißen Turmes auf c2 nicht ausnutzen kann. Einziger Gewinnzug ist die Partiefortsetzung 76… Kxc2, bei der am Schluss der schwarze h-Bauer aufgrund der schlechten weißen Königsstellung den Ausschlag gibt, denn nach 77. Dxa3 h2 ist die Umwandlung des Bauers in eine zweite schwarze Dame nicht mehr zu verhindern.

9 Kommentare to “Schachblindheit nach 6,5 Stunden Spielzeit?”

  1. Andyam 25 Mai 2009 um 17:59

    Die Blogsoftware hat übrigens bei der Erzeugung des Links zum Beitrag eine weitere plausible Erklärung für die Schachblindheit nachgeliefert:
    http://www.schachvereinigung-salzgitter.de/blog/2009/04/schachblindheit-nach-65-stunden-spielzeit/

  2. Fabianam 25 Mai 2009 um 21:35

    Apropos Erklärung für Schachblindheit: Habe ich richtig gelesen, dass bei der DEM U12 60 für 40 plus 30 für den Rest bei 30sec increment pro Zug gespielt wird? Mein Hirn weigert sich irgendwie, das zu glauben …

  3. Andyam 25 Mai 2009 um 21:50

    Es war mir noch nicht bewusst aufgefallen, aber wenn es da so steht, dann muss es wohl stimmen. Und es kann auf keinen Fall verkehrt sein, wenn es sich um den “neuen FIDE-Standard” handelt, vermutlich spielt man in diesen Alterklassen auch bei WM und EM nur noch Schnellschach… Die Kleinen überlegen eh noch nicht so lang, eine längere Bedenkzeit würde sowieso nicht ausgenutzt.

  4. Fabianam 25 Mai 2009 um 22:07

    Viele der Kleinen überlegen nicht so lang. Ich würde meinen, auf über die Hälfte der U12-Teilnehmer trifft das nicht zu.

  5. Andyam 25 Mai 2009 um 22:09

    Da habe ich wohl den Ironiesmiley vergessen :)

  6. Fabianam 25 Mai 2009 um 22:09

    Und ich finde, die Bezeichnung “neuer Fide-Standard” ist ein interessanter Euphemismus für Schrott :-)

  7. Jensam 26 Mai 2009 um 10:40

    Die letzten beiden Jahre wurde in der U10/U12 mit 90 für 40 plus 30 für den Rest gespielt … allerdings ohne Inkrement. Sooo einschneidend ist die “Anpassung” also nicht. Ich denke, dass es wegen der Inkrementierung eigentlich sogar besser funktionieren sollte mit dem neuen Modus.

    In der U10 ist die Bedenkzeit m. E. völlig ausreichend: Wenn ich mich recht entsinne, dann waren regelmäßige Zeitnotphasen auch “nur” bei Jannik zu beobachten.

    Für die U12 wären 90 statt 60 Minuten als Grundbedenkzeit sicherlich besser. Allerdings darf man die Doppelrundenproblematik nicht unterschätzen: Man müßte dann wie am Sonntag zusätzlich auch am Montag, Mittwoch um Freitag um 8.30 und 15.30 Uhr starten und dann wird’s a) für den “langsamen” U12er einfach zu häufig zu spät und b) müssten U14/U16/U18 dann jeweils auch auf das angenehmere 14.30 Uhr als Startzeit verzichten (alle spielen zusammen in einem riesigen Saal). Die Rundenanzahl runterfahren auf 9 geht ebenfalls nicht, da die Top 6 wegen WM/EM-Nominierung ja halbwegs zuverlässig ausgespielt werden müssen.

    Fazit: Iss schon ok so wie es iss mit der Bedenkzeit

  8. Andyam 26 Mai 2009 um 20:37

    Deinen Einwand, dass es an den vielen Doppelrundentagen für die Kleinen zu spät werden könnte, wenn sie bei späterem Beginn mit der Bedenkzeit der Großen spielen müssten, kann ich nachvollziehen. Aber ich finde, dass schon 90 Minuten für 40 Züge zu wenig Bedenkzeit sind und mit der neuen Regelung hat man ja nochmal zehn Minuten weniger bis zum 40. Zug. Es handelt sich ja nicht um irgendein Pillepalleturnier, sondern um eine Deutsche Meisterschaft, bei der man den Spielern eigentlich mehr Zeit zubilligen sollte, damit halbwegs vernünftige Partien zustandekommen. Wer aus Mannschaftskämpfen oder, wie hier bei uns, auch aus der Vereinsmeisterschaft hauptsächlich 120 Minuten für 40 Züge gewohnt ist, der muss sich schon ganz schön umstellen.

  9. Andyam 04 Jun 2009 um 02:44

    Um die Diskussion noch mal aufzuwärmen, hier noch ein Zitat vom Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler aus einem seiner Rundenberichte zur DJEM:

    Mit Einführung der digitalen Uhren und der Bonusregelung musste die Grundbedenkzeit reduziert werden, um die vielen Doppelrunden zu bewältigen. Dabei herausgekommen ist 60 Minuten plus Bonus und Zugabe nach Zug 40. Das ist zu wenig! Die international übliche Zeit wird in der U14 aufwärts gespielt. Selbst wenn man davon ausgeht, das dass zuviel wäre, sollten 75 Minuten Grundbedenkzeit eingeführt werden.

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